Sonntag, 26. Januar 2014

KOKOSNUSS-REISPUDDING MIT MANGO (-SEELE)

Wer nicht weiss, dass Mango eine Seele hat - sie heisst Melanie und bloggt über (vegetarisches) Essen und Reisen.

Zur Feier ihres 1-jährigen Blog-Jubiläums hat "Mangoseele" zu einem Blog-Event mit dem Thema (wie sollte es anders sein) "Mangorezepte" eingeladen.

Obwohl mein Blog normalerweise eher meiner Backleidenschaft frönt, lautet mein Motto nicht von ungefähr "Life is uncertain, eat the dessert first!"

Zu einem leckeren Nachtisch kann ich selten "nein" sagen, daher machte ich mich auf die Suche nach einem interessanten Dessert mit Mango.

Das erwies sich als schwieriger, als ich mir vorgestellt hatte. Es gab zwar etliche, schlanke Mango-Sorbets, und auch den einen oder anderen fruchtigen Salat mit Mango. Aber ein richtiges, üppiges Dessert? Fehlanzeige!

Bei "Fine Cooking" wurde ich schliesslich dann aber doch fündig, mit einem "Coconut Rice Pudding with Mango" von Abigail Dodge, der Autorin des grossartigen Backbuchs "The Weekend Baker" (Inspirationsquelle unserer ABC-Backprojekte von 2012).


Beim Zubereiten des Reispuddings stiess ich auf ein paar Schwierigkeiten. Das grösste Problem war der Star des Desserts, die Mango. Wenn man nicht gerade in den Tropen lebt, sondern in nördlichen Regionen, kommt man leider selten in den Genuss einer wirklich reifen Mango. 

Da half es auch nichts, jede der Mangos im Supermarktkorb ausgiebig zu befühlen und beschnüffeln, oder die halbreife Frucht mit einem Apfel zusammen (zur forcierten Reifung) in eine Tüte zu stecken. Die Mango war und blieb nicht richtig reif, und rächte sich für das Zusammensperren mit ein paar unansehnlichen Druckstellen.

Das Zusammensperren mit dem Apfel quittierte die Mango mit Verfärbungen!
Um den etwas "unterwältigenden" Mangogeschmack auszugleichen, suchte ich nach anderen Möglichkeiten, den Pudding geschmacklich aufzupeppen.

Das Originalrezept enthält noch 1/2 TL Kokosextrakt, den hatte ich nicht, und hielt ihn auch nicht für unbedingt nötig: die Kokosmilch liefert ja genügend Kokosaroma.

Ein bisschen Alkohol kann (in Desserts) nie schaden, deswegen fügte ich etwas Rum hinzu, und würzte den Pudding noch zusätzlich mit Limettenschale.

Den reichlichen Zucker des Originalrezepts habe ich etwas reduziert, ich fand 3 Esslöffel süss genug, mein Mann meinte allerdings, etwas mehr könne nicht schaden. 

Anstatt den Reispudding lediglich mit der Mango zu dekorieren (dazu war sie eh nicht ansehnlich genug), fand ich eine Schichtung interessanter, die in Richards hübschen, geerbten venezianischen Gläsern auch gut zur Geltung kam.

Das Resultat war ein sehr leckerer Reispudding, der leider nur dezent nach Mango schmeckte. Da ich nicht auf den Klimawechsel warten will, damit sich die Mango-Situation bei uns verbessert, werde ich, wenn ich keine wirklich reifen Früchte finde, den Pudding alternativ mit Sauerkirschen oder Ananas zubereiten.

Preisgekrönt!

KOKOSNUSS-REISPUDDING MIT MANGO  ( nach Abigail Dodge, "Fine Cooking")
(4 Portionen)

480 ml Vollmilch
1 Dose Kokosmilch (ca. 396 g)
100 g Milchreis, ungekocht
1 Prise Salz
2 Eigelb
3-4 EL Zucker
2 TL Rum
1/2 TL Vanilleextrakt
abgeriebene Schale 1 Limette
1 reife (!) Mango
4 EL Kokosflocken, angeröstet (in trockener Pfanne)

Die wesentlichen Reispudding-Zutaten

Milch, Kokosmilch, Reis und Salz in einem mittelgrossen Topf bei grosser Hitze unter ständigem Rühren zum Kochen bringen. Herunterschalten, und zugedeckt bei geringer Hitze 15 Minuten leise (!) köcheln lassen, dabei gelegentlich umrühren.

Gegen Ende der Kochzeit ständig rühren, sonst brennt der Reis an!

Deckel abnehmen, Temperatur ein bisschen erhöhen, und unter häufigem Rühren weiter köcheln lassen, bis der Reis gar, und die Mischung auf 840 ml reduziert ist, ca. 8 Minuten. (Dabei zum Ende hin ständig rühren, damit nichts anbrennt!)

Eigelb mit Zucker, Vanille und Rum verrühren

In mittelgrosser Schüssel Eigelb, Zucker, Vanille und Rum gut verrühren. Langsam die gekochte Reismischung unter ständigem Rühren dazugeben. Pudding wieder in den Topf zurückfüllen.

Bei mittlerer Hitze erwärmen, dabei ständig mit einem Holzlöffel rühren und Topfboden und - seiten abkratzen, bis die Mischung sich verdickt und den Löffelrücken überzieht (ca. 1 Minute).

Plastkfolie direkt auf die Puddingoberfläche legen

Pudding in eine Schüssel umfüllen und ein Stück Plastikfolie direkt auf die Puddingoberfläche legen, damit er keine Haut bekommt. Kalt stellen.

Mango schälen, Fruchtfleisch abschneiden, und mehrere dünne Scheiben (etwa 4-5 pro Portion) als Dekoration beiseite legen. Restliches Fruchtfleisch hacken.

Zum Servieren die Hälfte des Reispuddings auf 4 Dessertschalen oder -gläser verteilen. Darüber die gehackte Mango geben, und mit dem restlichen Reispudding bedecken. Mit einem Fächer aus Mangoscheiben dekorieren und gerösteten Kokosflocken bestreuen (1 EL pro Portion).

3. Preis im Wettbewerb "Recipes4Two"

Inzwischen habe ich zu meiner Freude erfahren, dass mein Mango-Dessert den 3. Platz im Heimgourmet-Wettbewerb "Recipes4Two" gewonnen hat. Nun werden meine Food-Fotos sicher bald äusserst professionell aussehen ;)


Mittwoch, 22. Januar 2014

MAINE BLUEBERRY PIE - EIN STAATS-DESSERT

Unser Staats-Dessert!

Als ich vom Bella's Blog-Event: "Kulinarischer Road-Trip durch die USA" (bei Zorra's Kochtopf) hörte, entschloss ich mich sofort zum Mitmachen.

Kein Wunder - schliesslich sitze ich ja an der Quelle, nämlich in Maine, dem nordöstlichsten Bundesstaat der USA, der die kürzeste Entfernung zu Europa hat.

Mit Fjorden und Bergen wie Norwegen, Seen und Wäldern wie Schweden, (und Mücken wie Finnland) hat Maine viel mit Skandinavien gemeinsam.

Acadia National Park, Maine

Der Downeast-Dialekt mit seiner Tendenz, die Endsilbe "-er" als breites "-ah" auszuschlurfen - der echte Main-ah sagt nicht Lobster, sondern Lobst-ah -  erinnert mich wiederum sehr an meine alte Heimat Hamburg.

Maine ist kulinarisch nicht nur für seine Hummer berühmt, sondern auch für seine schmackhaften, wilden Blaubeeren. Obwohl man die Beeren beim Wandern häufig am Wegrand findet, gibt es auch grosse Anbauflächen, und dadurch jederzeit ein reichliches Blaubeer-Angebot, frisch oder gefroren.

Wilde Blaubeeren

Das offizielle Staats-Dessert von Maine ist  die Blueberry Pie. Mit ihrer knusprigen, blättrigen Kruste und üppig mit Beeren gefüllt, ist sie dieser Ehre in jeder Hinsicht würdig.

Eine Fruchtfüllung, die soviel Saft enthält, muss unbedingt angedickt werden, damit beim Anschnitt der Pie nicht die ganze Pracht herausläuft. Gleichzeitig soll die Stärke aber den zarten, süssen Blaubeergeschmack nicht abstumpfen, daher sind Maizena oder Mehl hierfür weniger gut geeignet.

Der geriebene Apfel muss in einem Küchentuch ausgewrungen werden
Gemahlene Tapioka oder Kartoffelmehl, zusammen mit dem Pektin eines geriebenen Apfels, sorgt für eine optimale Bindung. Sie macht die Füllung weder zu steif noch zu flüssig.

Die "narrensichere" Wodka-Kruste ist meine Standard-Pie-Kruste. Der Alkohol dient hier nicht als Würzung - er ist geschmacksneutral - sondern erfüllt eine wichtige Funktion.

Da er das Mehl zwar anfeuchtet, aber nicht, wie Wasser, die Glutenbildung ermöglicht, lässt sich der Teig gut ausrollen, bleibt aber zart und blättrig.

Ich tausche gern ein Viertel des weissen Mehls durch Vollkornweizen oder Dinkel aus, oder ersetze 2 Esslöffel Mehl durch gemahlene, in der trockenen Pfanne angeröstete Nüsse.

Die Pie hat eine Doppelkruste, die Decke wird  mit einem dekorativen Lochmuster verziert, das gleichzeitig den Dampfabzug ermöglicht. Wie man den Pie-Rand mit einem Wellenmuster ("fluted") oder mit einer Gabel versiegelt ("crimped"), könnt ihr euch hier anschauen:


So gut ausgerollt bekommt ihr den Teig sicher nicht - macht nix!

Ihr könnt die Pie-Kruste mit einem Food Processor oder mit der Küchenmaschine zubereiten. Ihr müsst dabei nur bedenken, dass die Fette für den Blitzhacker eiskalt sein, für die Küchenmaschine aber besser Zimmertemperatur haben sollten.

MAINE BLUEBERRY PIE  (nach "Cook's Illustrated")

Pie-Kruste mit Wodka
355 g Mehl (siehe Anmerkung oben)
1/2 TL Salz
2 EL Zucker
170 g kalte*) Butter, in 1/2 cm dicke Scheiben geschnitten
  80 g kaltes*) Pflanzenfett, in 4 Stücke geschnitten
  60 ml kalter Wodka (unbedingt nötig, siehe Hinweis oben)
  60 ml kaltes Wasser

*) wenn ihr einen Mixer anstelle eines Food Processors benutzt, sollte das Fett Zimmertemperatur haben!

Füllung
850 g Blaubeeren, frisch oder TK (unaufgetaut)
1 Granny Smith Apfel, geschält und grob geraffelt
2 TL abgeriebene Zitronenschale
2 TL Zitronensaft
100 g Zucker
2 gestr. EL Tapioka-Stärke oder Kartoffelmehl
1 Prise Salz
1 Prise Muskatnuss
¼ TL Piment, gemahlen
28 g Butter, in 1/2 cm grosse Stücke geschnitten

1 Ei, mit 1 TL Wasser verrührt, zum Bestreichen
Rohzucker, zum Bestreuen

Zubereitung:
Mit dem Food Processor
200 g (1 1/2 Tassen) von dem Mehl kurz mit Salz und Zucker vermischen. Butter und Pflanzenfett dazugeben und so lange pulsieren, bis sich unregelmässige Klümpchen (wie Hüttenkäse) bilden und kein loses Mehl mehr übrig ist. Teig von der Schüsselwand herunterschaben und wieder gleichmässig in der Schüssel verteilen.

Restliches Mehl dazugeben und 4 - 6 mal pulsieren, bis die Mischung wieder gleichmässig in der Schüssel verteilt und grössere Klumpen aufgebrochen sind. In eine mittelgrosse Schüssel umfüllen.

Mit dem Standmixer:
(Butter und Pflanzenfett sollten Zimmertemperatur haben!)
2/3 des Mehls, Salz und Zucker kurz bei mittelniedriger Stufe vermischen. Butter und Pflanzenfett hinzugeben und nur so lange mixen, bis der Teig sich gerade eben um Quirle (oder Paddel) zusammenballt.

Teig von der Schüsselwand, den Quirlen (oder Paddel) herunterschaben, und das restliche Mehl dazugeben. Auf mittelhoher Stufe nur ganz kurz mixen, bis der Teig gerade eben in kleinere Stücke zerfällt. In eine mittelgrosse Schüssel umfüllen.

Wodka und Wasser über den Teig sprenkeln. Mit einem Plastik-Teigschaber untermischen - so als ob man Eiweiss unterhebt - dabei den Teig nach unten drücken, bis er zusammenklebt (wenn irgendwo noch loses Mehl sein sollte, leicht mit Wodka anfeuchen).

Teig halbieren und jedes Stück zu einer Scheibe (10 cm ø) formen. Einzeln in Plastikfolie einwickeln und mindestens 45 Minuten (oder bis zu 2 Tage) in den Kühlschrank stellen.

Eine Teigplatte aus dem Kühlschrank nehmen und auf einer grosszügig bemehlten Arbeitsfläche zu einem Kreis von 30 cm ausrollen (3 mm dick). Teig lose um die Teigrolle aufrollen und über der Pie-Form abrollen, wobei ringsherum ein Überhang von mindestens 2.5 cm bleiben soll. (Hier bitte keine Minderwertigkeitskomplexe bekommen, wenn der Rand unregelmässig ist, siehe mein Foto unten )

Ohne den Teig zu dehnen, im Kreis herum den Rand mit einer Hand anheben und mit der anderen sanft in den Pieform-Boden drücken. Den Überhang hängen lassen. Wieder für 1/2 Stunde in den Kühlschrank stellen. (In der Zwischenzeit die Füllung zubereiten).

Ein Backblech auf unterste Rost stellen, und den Ofen auf 200ºC vorheizen.

Die Hälfte der Blaubeeren (3 Tassen) in einem mittelgrossen Topf über mittlerer Hitze aufkochen lassen. Dabei frische Beeren mit einem Kartoffelstampfer zerdrücken, um sie zu entsaften (bei TK-Beeren nicht nötig).

Blaubeeren mit dem Kartoffelstampfer zerdrücken

Weiterkochen, dabei häufig umrühren und gelegentlich stampfen, bis die Hälfte der Blaubeeren zerfallen, und die Menge um die Hälfte (auf 360 ml) reduziert ist (TK-Beeren nur auf 300 ml). Das dauert bei frischen Beeren etwa 8 Minuten, bei TK-Früchten 12-15 Minuten). Leicht abkühlen lassen.

Den geriebenen Apfel in einem sauberen Küchentuch auswringen. In eine grosse Schüssel geben. Mit den gekochten und restlichen rohen Blaubeeren, Zitronenschale, -saft, Zucker, Tapioka und Salz vermischen. Mischung auf den Pieboden in der Form füllen, und Butterstückchen darauf verteilen.

Butterstückchen auf der Blaubeerfüllung verteilen

Jetzt die zweite Teighälfte auf einer grosszügig bemehlten Arbeitsfläche zu einem 28 cm ø Rund ausrollen (ca. 3 mm dick). Mit einer runden oder sternförmigen Ausstechform (ca. 3 cm) die Teigmitte ausstechen. Dann 6 weitere Kreise oder Sterne in gleichmässigen Abständen darum herum ausstechen (4 cm Abstand zur Mitte).

Den Teig lose um das Nudelholz wickeln, und über der Pie entrollen (es sollte mindestens ein 1.25 cm Überhang bleiben). (Wie ihr den Pie-Rand dekorativ versiegelt, könnt ihr euch auf dem Video-Clip oben anschauen).


Mit einer Küchenschere den Teig-Überhang auf 1.25 cm zurückschneiden. Dann nach hinten umschlagen, sodass er bündig mit dem Rand der Form abschliesst.

Den Pie-Rand entweder mit Daumen und Zeigefinger zu einem Wellenmuster drücken, oder mit den Zinken einer Gabel zusammenpressen. Pie-Decke und Kanten mit Ei einstreichen und mit Rohzucker bestreuen. (Wenn der Teig sehr weich ist, nochmal 10 Minuten ins Tiefkühlfach stellen.

Pie-Decke mit Eimischung einstreichen und Rohzucker bestreuen

Pie auf das heisse Backblech in den Ofen stellen und 30 Minuten lang backen. Temperatur auf 175ºC herunterschalten und weitere 30-40 Minuten lang backen, bis der Saft Blasen wirft und die Kruste tiefgoldbraun ist.

Auf einem Kuchengitter mindestens 4 Stunden auskühlen lassen.

Jordan Pond, Mount Desert Island (Acadia National Park)

Blick auf die Porcupine Islands, Shore Path, Bar Harbor

Zauberhaftes Maine: Lubec, am nordöstlichsten Zipfel, ist Europa am nächsten




Montag, 20. Januar 2014

KNEIFEN STATT KNETEN - EINKORN-HASELNUSS-BROT À LA FORKISH


Einkorn-Haselnuss-Brot à la Forkish
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Vor einiger Zeit brauchte ich noch ein Buch mehr für meine Amazon-Bestellung, um keine Versandkosten bezahlen zu müssen. Mehr oder weniger zufällig wählte ich Ken Forkish's "Flour, Water, Salt, Yeast" von meiner Wunschliste - es kostete nämlich in etwa die fehlende Summe!

Beim Durchblättern seines Buchs faszinierte mich die Art und Weise, wie er den Teig knetet - oder, besser gesagt - nicht knetet. Von Dan Lepards Kürbis-Molke-Brot wusste ich, dass sehr kurzes Kneten (30 Sekunden), gefolgt von ein paarmal Falten, für einige Teige ausreichen kann - aber Kneifen?

Walnut Levain - mein erster Versuch mit einem Forkish-Brot.
Normalerweise mixe ich meine Teige nicht per Hand (meine Haut ist sehr trocken), daher nahm ich anfangs auch einen Holzlöffel, um Mehl und Wasser zu verrühren.

Aber Forkish hat Recht, mit der Hand geht das viel schneller, und man hat hinterher weniger Abwasch.

Während des Kneif- und Faltprozesses verhielt sich der Teig genauso wie er sollte: erst ansteigen, dann wieder abflachen, wenn der nächste Durchgang fällig war.

Und jede Runde machte ihn geschmeidiger und glatter!

Forkish's Beschreibungen sind präzise und detailliert, aber trotzdem gibt es ein paar Stolpersteine auf dem Weg, und es brauchte mehr als einen Versuch, bis ich den ganzen Ablauf beherrschte.

Warum die Verschwendung? Du sollst eine Riesenmenge Levain herstellen, nur, um einen geringen Prozentsatz davon für den Hauptteig zu verwenden - der Rest geht in den Müll. Sicher, Mehl und Wasser kosten nicht viel, aber dies entspricht nicht gerade meiner Vorstellung von Wirtschaftlichkeit und Umweltbewusstsein!

Die Logik hinter dieser Verschwendung? Keine Ahnung. Die Brote schmecken grossartig, auch wenn sie ohne diesen Überfluss zubereitet werden. Kann man wirklich den Unterschied zwischen einem Laib herausschmecken, der mit gerade soviel Levain wie nötig hergestellt wird, und einem, wo der Sauerteig aus einem Eimer kommt? Schwer zu glauben!

Das Problem mit dem Kleben: wenn man das Gärkörbchen nicht sehr, sehr gut bemehlt (ob mit Bezug, oder ohne ), kann dies hier passieren:

Oh, neiiiin!!!

Glaub bloss nicht, dass du dein aufgegangenes Brot mit sanften Nachdruck aus dem Gärkörbchen locken kannst. Vergiss die guten Manieren - dein Teig braucht einen Klaps! Nach dem Problem mit den Broten, die störrisch klebten, und beim Herausholen zusammenfielen, machte ich mich schliesslich bei YouTube schlau.

Ein Brot, das zur Flunder wurde (Forkish's Overnight Brownie)

Und wurde prompt fündig: Meisterbäcker Forkish haut nämlich den Korb mit Schmackes auf die Bank - brutale Gewalt macht's möglich! Nach dieser aufschlussreichen Erkenntnis war ich weniger zögerlich, und die Brote liessen schliesslich locker.

Zarte Haut gegen heissen Topf. Ken Forkish befördert das Brot schwungvoll in den Topf - ohne Angst vor Verbrennungen dritten Grades. Leute mit weniger Erfahrung haben möglicherweise nicht soviel Glück. Aber es gibt eine einfache Lösung: die Papierschaukel.

Benutze Backpapier für einen schmerzlosen Transport  (Overnight White)
Die hat schon für andere meiner Topf-Brote gute Arbeit geleistet, wie z.B. das Aroma-Brot. Rette also deine Haut - nimm Backpapier für einen brandblasenfreien Transport.

Nach Überwindung dieser Hindernisse ist dann aber jedes Brot gelungen, das ich aus "Flour, Water, Salt, Yeast" nachgebacken habe. Und meine Variationen "à la Forkish" ebenfalls.

"Kühn" gebackene Kruste, offene Krume, und ein hervorragender Geschmack - aus meinem  versandkostensparenden Zufallskauf wurde eins meiner Lieblingsbackbücher!

A&Naturals, der Lebensmittelladen meines Vertrauens (schliesslich verkauft er meine Brote!) führt seit neuestem italienisches Einkornmehl, und ich liebe Haselnüsse. Beide sind in diesem Rezept kombiniert, zu dem ich mich von Forkish's Broten inspirieren liess.

Ich nehme auch den ersten Schritt dazu - wie man seinen Sauerteig in einen Forkish-Levain verwandelt - mitsamt einem Zeitplan.

EINKORN-HASELNUSS-BROT

Forkish-Levain
12 g Anstellgut (was du hast)
48 g Wasser (32ºC)
48 g Weizenmehl Typ 550
12 g Vollkornweizenmehl

Levain (24 Stunden später)
12 g Forkish-Levain
48 g Wasser (32ºC)
48 g Weizenmehl Typ 550
12 g Einkornmehl

Hauptteig
302 g Weizenmehl Typ 550
138 g Einkornmehl
342 g Wasser (32ºC)
113 g geröstete Haselnüsse, halbiert, oder sehr grob gehackt
11 g Salz
120 g Levain*)

*) Forkish's Empfehlung folgend, nehme ich ein bisschen mehr Levain (120 g anstatt 108 g), weil die Temperatur in meiner Küche normalerweise unter 21ºC ist.

1. TAG
7:00 - 9:00 Uhr: füttere das Anstellgut zu einem Forkish-Levain um. (Bei einer so geringen Menge fällt der Wassergehalt deines Sauerteigs kaum ins Gewicht, wenn er nicht gerade sehr fest ist). Zugedeckt 24 Stunden bei Zimmertemperatur reifen lassen.

Lebendiger Levain

2. TAG
7:00 - 9:00 Uhr (24 Stunden nach dem ersten Auffrischen)
Levain mischen und zugedeckt 7 - 9 Stunden reifen lassen.

Mehl und Wasser mischen

2:00 - 4:00 Uhr
Mehl mit Wasser mit der Hand in einer grossen Schüssel nur so lange mischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist. Zugedeckt 30 Minuten stehenlassen.

Levain und Salz dazugeben

Den Teig erst mehrfach kneifen...

...dann falten

Salz über die Mehlmischung streuen und Levain dazugeben. Schüssel mit Wasser bereitstellen (zum Nassmachen der Hände). Mit nassen Händen erst den Teig von den Seiten darüberfalten, dann wie mit einer Zange den Teig mehrmals kneifen, wieder falten, und das Ganze 5 - 6 mal wiederholen, bis der Teig glatt ist. (Teigtemperatur 25º-26ºC).

Teig 10 Minuten lang ruhen lassen, Nüsse darüberstreuen und auf gleiche Weise einarbeiten.

Nüsse einarbeiten (Walnut Levain)

Teig noch 3 weitere Male falten, davon 2 x im Abstand von 20 Minuten, und das letzte Mal vorm Schlafengehen. Gut zugedeckt über Nacht bei Zimmertemperatur reifen lassen.

Übernacht hat sich der Teig verdreifacht (Forkish's Field Blend Nr. 2)

3. TAG
Nach 12 - 15 Stunden soll sich der Teig verdreifacht haben. Ein Gärkörbchen sehr ausgiebig mit Mehl ausstreuen.

Dank einer Mehlhaut auf der Unterseite bleibt der Teig nicht kleben

Teig über einer bemehlten Stelle einer (sonst mehlfreien) Arbeitsfläche entleeren. Mit bemehlten Händen die Seiten sanft zur Mitte falten, um ein Rund zu formen. (Die Mehlhaut auf der Unterseite verhindert Ankleben).

Die Seiten zur Mitte falten, um ein Rund zu formen

Dann Teigpaket sanft umdrehen, sodass es, mit der Naht nach unten, auf der unbemehlten Fläche zu liegen kommt. Teigling mit bemehlten Händen an sich heranziehen, bis ein mittelstraffer Ball entsteht.
 
Teigpaket umdrehen und zu einer Kugel formen (Overnight Blondie)

Teigling mit der Naht nach unten ins Gärkörbchen legen, grosszügig mit Mehl bestreuen, und gut zugedeckt  3 - 4 Stunden lang gehen lassen.

Teig in die gut bemehlte Brotform legen

Eine 3/4 Stunde vorm Backen einen gusseisernen, oder schweren Schmortopf (mit Deckel) auf die mittlere Schiene des Ofens stellen, und Ofen auf 245ºC vorheizen.

Das Brot soll mindestens um das Doppelte aufgehen (Overnight Brownie)

Eine Delle soll sichtbar bleiben (Einkorn-Haselnuss-Brot)
Das Brot soll mindestens um das Doppelte aufgegangen sein. Mit dem Fingertest prüfen, ob es genügend gereift ist.




Fingertest:
Mit dem Finger sanft eine Delle in den Teig drücken - sie soll noch etwas elastisch sein, sich aber nicht wieder auffüllen, sondern sichtbar bleiben.


Das Brot auf ein Stück Backpapier setzen, indem man das Körbchen energisch auf die Arbeitsfläche schlägt! Die 4 Ecken des Papiers abschneiden, um eine Transport- Schaukel zu bilden.

Aufgegangenes Brot auf Backpapier

Heissen Topf aus dem Ofen nehmen, Deckel öffnen. Brot mit Hilfe der Papierschaukel in den Topf legen. Deckel wieder aufsetzen.

30 Minuten lang backen, dann abdecken, und 20 - 25 Minuten, oder so lange weiterbacken, bis die Kruste mittel- bis dunkelbraun ist (Innentemperatur 99ºC).

Forkish mag sein Brot "kühn" gebacken - ich auch! (Overnight Blondie)

Topf schräg halten und Brot hinausgleiten lassen (das Papier ist jetzt zu brüchig zum Herausheben). Auf Kuchengitter auskühlen lassen. Vorm Anschneiden mindestens 20 Minuten lang ruhen lassen.

Einkorn-Haselnuss-Brot

(Zur Illustration habe ich Fotos verschiedener Forkish-Brote genommen, die ich gebacken habe. Daher sind Farben und Struktur etwas unterschiedlich).

Bei Yeast Spotting eingereicht
 und bei Panissimo:  Bread & Companatico                                       
                                 Indovina chi viene a cena  
                                          
 






 

Montag, 6. Januar 2014

CHOCOLATE-CHEESECAKE-BROWNIES - HÜBSCH MARMORIERT

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Das neue Jahr fing nicht gerade gut an - jedenfalls aus Sicht einer Bäckerin. Meine elegante neue Waage, ein Schnäppchen aus dem letzten Jahr, gab gerade dann den Geist auf, als unser monatliches ABC Backprojekt fällig war.

An Neujahr waren die Läden natürlich geschlossen, ohne neue Batterien blieb die Waage stumm, und es gelang mir mit einiger Mühe, erste Back-Entzugserscheinungen mit der Lektüre von Maggie Stiefvater's "Raven Boys", und den "Tod-durch-Schokolade"-Keksen meiner Tochter Valerie zu bekämpfen.

Mit funktionsfähiger Waage konnte ich schliesslich dann doch noch die Chocolate Cheesecake Brownies, ein Rezept von King Arthur Flour, in Angriff nehmen.

Ich habe das Rezept halbiert - schliesslich waren wir noch satt von Weihnachten - und etwas von dem weissen Mehl durch Vollkornweizen ersetzt.

Mitbäcker hatten die Brownies etwas zu süss befunden, daher reduzierte ich den Zucker. Und das Salz ebenfalls, denn Amerikaner salzen gern auch süsses Gebäck!

Um der sanften Vanille-Frischkäsemasse einen etwas interessanteren Geschmack zu geben, habe ich sie mit Orangenschale aufgepeppt.


CHOCOLATE-CHEESECAKE-BROWNIES  (nach King Arthur Flour)
(16 kleine Stücke)

Schokoladenteig
113 g Butter
175 g Zucker
  53 g Kakao
1/4 TL Salz
1/2 TL Backpulver
1/2 TL Instant-Espressopulver    
7 g Vanilleextrakt
    2 Eier (Kl. M)
  30 g Weizenmehl Typ 405
  30 g Vollkornweizenmehl
170 g Zartbitterkuvertüre, gehackt

Frischkäseteig
226 g Doppelrahm-Frischkäse (Zimmertemperatur)
  50 g Zucker
  28 g Weizenmehl
    1 TL Vanilleextrakt
    1/2 - 1 TL abgeriebene Bio-Orangenschale
  28 g Schlagsahne
    1 Ei (Kl. M)

Ofen auf 175ºC vorheizen. Eine 20 x 20 cm Backform kreuzweise mit 2 Streifen Backpapier auslegen (20 cm breit, und lang genug für einen Überhang an beiden Seiten.

Butter-Zucker-Mischung so lange kochen, bis sie glatt und glänzend ist

Brownie-Teig: Butter in einem Topf schmelzen lassen. Zucker dazugeben und unter Rühren erhitzen, bis die Mischung glatt und glänzend aussieht. Von der Herdplatte nehmen, und Kakao, Salz, Backpulver, Espressopulver und Vanille hineinrühren.

Zuletzt das Mehl unterrühren
Eier unter die (leicht abgekühlte) Mischung rühren, als letztes das Mehl untermischen. Beiseite stellen.

Die Frischkäsemasse kann etwas Orangenaroma vertragen

Cheesecake-Teig: Frischkäse so lange mit dem Mixer rühren, bis keine Klümpchen mehr zu sehen sind. Zucker, Mehl und Orangenschale untermischen, dann Vanilleextrakt, Sahne, und Ei hineinrühren, bis sich alles miteinander verbunden hat. Beiseite stellen.

Schokoladenstückchen unter die Browniemasse heben. (Sie sollte etwas abgekühlt sein, damit die Schokolade nicht sofort völlig schmilzt.)

Die Hälfte des Brownie-Teigs in die Form füllen...
Die Hälfte des Brownie-Teigs in die Backform füllen, dann die Frischkäsemasse darübergeben.

...dann die Cheesecake-Masse darüberlöffeln

Die restliche Brownie-Masse darauf verteilen. Mit einer Gabel die beiden oberen Lagen spiralförmig mit einem Marmormuster durchziehen. (Meine Marmorierungskünste könnten sicher noch etwas verbessert werden).

Meine Marmorierungskünste lassen noch etwas zu wünschen übrig

Brownies 45 Minuten lang backen (nach der Hälfte der Backzeit um 180 Grad drehen). Die Ränder sollen fest sein, die Mitte sich aber noch weich und elastisch anfühlen, und kein Teig mehr an einer Nadel hängenbleiben (ausser, sie erwischt ein Stück Schokolade).

Kuchen mit Hilfe der Backpapierstreifen aus der Form heben und auf einem Kuchengitter abkühlen lassen.

Auf einem Kuchengitter abkühlen lassen

Die Brownies sind schön saftig und sehr schokoladig, mit einem Hauch von Orange. Weil sie so üppig sind, lieber in kleinere Stücke zu schneiden.

Wir essen sie am liebsten warm, mit Vanilleeis, und bestreut mit ein paar gehackten Pecans.

In Alufolie gewickelt und kühl aufbewahrt, halten sich die Brownies mehrere Tage lang frisch. Man kann sie auch gut einfrieren.

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