Nachdem ich hintereinander 4 Brote auf meiner "Jedem-Backbuch-eine-Chance"-Liste gebacken hatte, mit denen ich nicht recht zufrieden war, erhielt meine anfängliche Begeisterung einen merklichen Dämpfer.
Die gründliche Jungfrau in mir wollte nicht noch ein Faires-Backen-Projekt in Angriff nehmen, ohne vorher zumindest versucht zu haben, aus diesen Drei-Minus-Kandidaten ein überzeugenderes optisches oder geschmackliches Ergebnis herauszukitzeln.
Nach und nach nahm ich mir daher diese, als "nicht so doll" bewerteten Brote noch einmal vor, Arkatena Bread, Müslibrötchen (beide jetzt in Ordnung), Camembert-Trauben-Brot (naja), und dann das Beer Rye Bread.
Ich hatte mir Bill Middekes Beitrag zu Kim Odes "Baking with the St. Paul Bread Club" deswegen ausgesucht, weil mir die Kombination Stout und Roggen gefiel. Meiner Meinung nach kann nichts, das Bier enthält, schlecht sein - es sei denn, es wird mit Bud Light, alias Abwaschwasser, oder einem anderen Un-Bier gemacht.
Das zuerst im "St. Louis Globe-Democrat" veröffentlichte Original-Rezept sah noch Schmalz oder Bacon-Fett vor. Schmalz ist aber in den USA seit Jahren verpönt, deswegen hatte Bill es durch Pflanzenfett ersetzt.
Als Deutsche daran gewöhnt, gelegentlich mit Schmalz zu kochen, und ausserdem kein grosser Freund von Margarine, bin ich zum ursprünglichen Schweinefett zurückgekehrt.
Ausserdem wollte ich den Teig lieber mit Strecken und Falten verarbeiten, plus Übernachtung im Kühlschrank, anstatt das Brot am gleichen Tag zu backen.
Mein erstes Bier-Roggenbrot sah wirklich hübsch aus - aber selbst mit der Hälfte Zucker und Molasse war es immer noch viel zu süss für unseren Geschmack!
Bill Middeke, ein leidenschaftlicher Radfahrer (der oft für Wohltätigkeitsprojekte in die Pedale tritt), braucht sicher genügend Kohlehydrate als Treibstoff für seine athletischen Unternehmungen. Mein Fahrrad trägt mich aber hauptsächlich zum nahen Supermarkt, und ich bekomme reichlich Kohlenhydrate durch Schokokade und Desserts.
Und nicht nur das, der beste aller Ehemänner beklagte sich über den Kümmel! Während ich nichts dagegen habe, schätzt Richard den Geschmack nicht sehr, und findet ihn immer überdosiert.
Ich unternahm also nochmal einen Versuch mit dem Bier-Roggenbrot, reduzierte die Zucker- und Molassemenge auf ein Viertel (mit ein bisschen mehr Wasser als Ausgleich für die fehlende Molasse) und den Kümmel auf ein Drittel.
Gespannt warteten wir darauf, das neue Brot zu probieren - jetzt war die Süsse war gerade richtig, aber mit dem wenigeren Zucker schmeckte das Brot ein bisschen zu fade, und brauchte endeutig mehr Salz.
Und mein Mann, das empfindliche Pflänzchen, fand den Kümmel immer noch zu "too much!".
Ruthless Rye für ein "unbarmherziges" Roggenbrot! |
Unnachgiebig auf unsere Vorlieben getrimmt, erhielt die endgültige Version schliesslich den Anderson-Gütestempel: ein schmackhaftes, dezent süsses Brot mit einem Hauch von Kümmel und "brutal" voll des guten Stoffs. "Ruthless Rye Stout" ist natürlich genau das Richtige für ein Roggenbrot.
BreadStorm-Benutzer (auch der kostenlosen Version), können die Formel hier herunterladen.
BIER-ROGGEN-BROT (adaptiert von "Baking with the St. Paul Bread Club")
(2 kleine Laibe)
360 ml/350 g Stout, oder anderes dunkles Bier
70 g Wasser
34 g Schweineschmalz (oder Pflanzenfett)
9 g brauner Zucker
21 g Molasse (oder Zuckerrübensirup)
12 g Salz
1 EL abgeriebene Orangenschale (ca. 8 g)
1/2 TL Kümmelsaat, (oder mehr, nach Geschmack)
3 g Trockenhefe (oder 9 g
Frischhefe)
325 g Vollkorn-Roggenmehl
320 g Weizenmehl Typ 550
Roggenflocken, zum Bestreuen
1. TAG:
Bier und Wasser in einem kleinen Topf erhitzen, bis sich die ersten Blasen zeigen. Schmalz, Zucker, Molasse, Salz, Orangenschale und Kümmel dazugeben. Abkühlen lassen, bis die Mischung nur noch lauwarm ist (höchstens 35ºC).
Hefe in der lauwarmen Biermischung auflösen. Zusammen mit dem Mehl in die Mixerschüssel geben und 1-2 Minuten auf niedriger Stufe (oder mit Holzlöffel) mischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist.
5 Minuten lang ruhen lassen (Autolyse), dann auf mittel-niedriger Stufe (oder mit der Hand) 6 Minuten lang kneten, dabei, falls nötig, etwas mehr Wasser oder Mehl dazugeben (der Teig soll weich und etwas klebrig sein).
Teig auf eine leicht geölte Arbeitsfläche geben. Mit eingeölten Händen zu einem Rechteck auseinanderziehen, dann von oben und unten wie einen Geschäftsbrief in Drittel falten. Dann ebenso von beiden Seiten her falten.
Teigpaket zu einem Ball zusammennehmen, und mit der Naht nach unten in eine leichte eingeölte Schüssel legen. Zugedeckt 10 Minuten ruhen lassen.
Das Strecken und Falten noch 3 x in 10-minütigen Abständen wiederholen. Nach dem letzten Falten gut zugedeckt über Nacht in den Kühlschrank stellen. (Ich teile den Teig jetzt schon in zwei Hälften, und kühle sie in zwei Plastikcontainern).
2. TAG:
Teig 2 Stunden vor Gebrauch zum Aufwärmen aus dem Kühlschrank nehmen - er soll sein Volumen verdoppelt haben.
Ofen auf 220ºC vorheizen (mit Dampfgefäss). Backblech mit Backpapier auslegen.
Teig in 2 kleine runde oder ovale Brote formen. Mit der Naht nach unten aufs vorbereitete Backblech legen und mit Rasierklinge oder scharfem Messer einschneiden (siehe Foto). Mit Wasser bestreichen oder -sprühen, mit Roggenflocken bestreuen und zugedeckt 60 Minuten oder so lange gehen lassen, bis sich das Volumen in etwa verdoppelt hat (Fingerprobe: eine sanft eingedrückte Delle soll sich nicht wieder auffüllen - wenn dieses weiche Brot nicht genügend aufgegangen ist, reisst es unschön im Ofen auf!)
Brote bei 180ºC mit Dampf (1 Tasse kochendes Wasser ins Dampfgefäss giessen) 20 Minuten lang backen. Brote um 180 Grad dehen, Dampfgefäss entfernen, und in weiteren 20-25 Minuten fertig backen, bis sie goldbraun aussehen und die Innentemperatur mindestens 91ºC beträgt.
Auf einem Rost auskühlen lassen.
Ob rund oder länglich - Bier-Roggenbrote sehen sehr attraktiv aus |