Als ich vor zwei Wochen zu meiner Tochter nach Columbus/Ohio flog, hatte ich (mit leichtem Bangen vor möglicher Konfiszierung) eine Portion Sauerteig im Gepäck.
Valerie hatte mich nämlich gebeten, ihr und ihren Kollegen bei "Two Caterers" zu zeigen, wie man ein Brot à la Chad Robertson bäckt, dem berühmtesten Bäcker von San Francisco.
"Tartine"-Brote sind bekannt für ihren hohen Wassergehalt, ihre Grossporigkeit, ihre Originalität, und, vor allem, ihren ausgezeichneten Geschmack. Sie gehören zu meinen Lieblingsbroten, und ich backe sie in allen erdenklichen Variationen (Bierbrauer-Brot, Eichelbrot)
Am nächsten Tag marschierte ich zum nahegelegenen "Giant Eagle"-Supermarkt, um mich nach Zutaten umzuschauen. Ich wollte ein Porridge-Brot backen, das durch den Körnerbrei besonders saftig ist. Ausserdem sollte es Nüsse enthalten.
Zum Mehlmischen war die Salatschüssel gerade eben gross genug |
Die verschiedenen Mehlsorten waren schnell gefunden, und Haferflocken für den Porridge gab es auch. Für die Nüsse wählte ich Mandelblättchen. Meine Tochter besass zum Glück eine Waage, und eine Salatschüssel und ein grosser Kochtopf in meinem Airbnb dienten mir als Rührschüsseln.
Ich benutzte alle Gefässe, die mein Airbnb anzubieten hatte |
Ich kochte den Brei, röstete die Mandeln, mischte den Teig, und beförderte dann alles zur Küche der "Two Caterers", wo ich zwei Tage lang mit Bäcker Zeek, Pastry-Chef Cheryl und Einkäufer James Brot backte - und den Köchen in Kochtöpfe, Pfannen und Woks gucken und Cheryls Dessert-Kreationen probieren durfte.
Cheryl und Zeek präsentieren voller Stolz ihre Brote |
Die beiden Brote wurden ein voller Erfolg! Ein Laib war, noch warm, im Nu verschwunden, denn jeder der vielen Mitarbeiter wollte ein Stück probieren (das zweite Brot wurde rechtzeitig an einem geheimen Ort in Sicherheit gebracht).
Jeder wollte das Brot probieren, und ein Laib war im Nu verschwunden |
Mir hat das Oat Porridge Almond Brot so gut geschmeckt, dass ich es zuhause gleich nochmal für uns gebacken habe.
Ich habe das Grundrezept von "Tartine: Book No. 3" leicht abgewandelt, das Original enthält weniger Sauerteig (nur ein Drittel des angesetzten Starters, der Rest wird weggeschmissen - etwas, das mir nie einfallen würde) und ist sehr mild. Ich schätze einen etwas kräftigeren Geschmack und nehme die ganze Menge.
Bei der Zubereitung wende ich einige der Tricks an, die ich von Ken Forkish ("Flour Water Salt Yeast") gelernt habe: später zugefügte Zutaten verbinden sich besser mit dem Teig, wenn man ihn "kneift und faltet", anstatt ihn nur zu falten (siehe Einkorn-Haselnuss-Levain).
Wir können nie warten, bis das Brot völlig abgekühlt ist! |
Auffrischen (2 x am Vortag, zum Aktivieren)
10 g Anstellgut
10 g Weizenmehl Typ 550
10 g Vollkornweizenmehl
20 g Wasser (26-29ºC)
Levain
10 g sehr aktiver Starter
50 g Weizenmehl Typ 550
50 g Vollkornweizenmehl
100 g Wasser (26-29ºC)
Porridge
69 g kernige Haferflocken oder -schrot
181 g Wasser (mehr nach Bedarf)
1 g Salz
Hauptteig
250 g Weizenmehl Typ 1050
250 g Weizenmehl Typ 550
35 g Weizenkeime
430 g Wasser (geteilt)
210 g Levain (aller)
14 g Salz
250 g gekochter Porridge, abgekühlt
100 g Mandelblättchen, angeröstet und abgekühlt
Haferflocken zum Bestreuen
1. TAG
Anstellgut 2 x täglich auffrischen (um die Aktivität zu steigern).
2. TAG
6:00 - 8:00 Uhr:
Alle Levainzutaten vermischen. Zugedeckt ca. 6-10 Stunden bei warmer Zimmertemperatur reifen lassen, bis der Starter so viel Gas enthält, dass er im Wasser an die Oberfläche steigt (Schwimmprobe).
Schwimmprobe mit einem Löffel voll Starter |
Für den Porridge Hafer mit 3/4 der Wassermenge zum Kochen bringen und bei niedriger Hitze unter ständigem Rühren köcheln, bis alles Wasser absorbiert ist. Restliches Wasser und Salz dazugeben und weiterrühren, bis der Porridge weich und cremig ist (bei Bedarf etwas mehr Wasser dazugeben). Abkühlen lassen.
Porridge |
12:00 - 16:00 Uhr
Wenn der Levain die Schwimmprobe bestanden hat, beide Mehle und Weizenkeime in einer mittelgrossen Schüssel vermischen. In einer grossen Schüssel Levain in 400 g der Wassermenge auflösen.
Mehle und Weizenkeime vermischen |
Levain in Wasser auflösen... |
...dann beides miteinander vermischen |
Mehlmischung zum aufgelösten Levain geben und mischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist (Hand, grosser Löffel oder dänischer Teigrührer).
30 Minuten lang zugedeckt an einem warmen Ort ruhen lassen (bis zu 4 Stunden).
Falten und Kneifen des Teigs |
Salz über den Teig streuen, restliche 30 g (lauwarmen) Wassers darübergiessen, und durch Kneifen und Falten untermischen: mit den Händen Teig rundherum hochziehen und überfalten, dann mehrmals kneifen, wieder falten, und das Ganze ein paar Mal wiederholen, bis das meiste Wasser vom Teig aufgenommen ist.
Porridge und Nüsse einarbeiten |
30 Minuten ruhen lassen, 1 x Strecken und Falten, wieder 30 Minuten ruhen lassen, dann Porridge und geröstetete Mandeln mit Kneifen und Falten (s.o.) einarbeiten.
Teig weitere 2 Stunden lang reifen lassen, dabei alle 30 Minuten (insgesamt 4 x) Strecken und Falten. (Am Schluss soll er sich etwas aufgebläht anfühlen, und sein Volumen um 20-30% vergrössert haben. Falls nicht, weitere 30-60 Minuten lang gehen lassen.)
So sieht der Teig nach dem 3. Mal Falten aus |
Teig auf eine bemehlte Arbeitsfläche geben. Oberfläche leicht mit Mehl bestäuben. Mit eingefettem Teigschaber zu einem Rund vorformen, indem man den Spatel in kreisenden Bewegungen um den Teigballen zieht, um Oberflächenspannung zu erzeugen.
Mit eingefettetem Teigschaber zu einem Rund vorformen |
Inzwischen Gärkörbchen grosszügig bemehlen (eine 50/50 Weizen-/Reismehlmischung verhindert Ankleben besonders gut). Boden mit Haferflocken oder -schrot bestreuen (damit schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: das Brot sieht nachher hübsch rustikal aus und bleibt vor allem nicht im Korb kleben).
Bemehlter und mit Haferflocken ausgestreuter Gärkorb |
Mit bemehltem, oder eingefettetem, Teigmesser den Teigling umdrehen, sodass die bemehlte Seite zuunterst ist. Mit bemehlten Händen den unteren Teigrand anheben und zu einem Drittel nach oben falten, dann von beiden Seiten, und schliesslich von oben zur Mitte falten (die Nähte dabei sanft andrücken).
Gefaltetes Teigpaket (hier beim Urgetreide-Brot) |
Am Schluss den Teig wieder von unten nach oben, über die Nahtstelle falten. Dabei drehen, sodass die Naht unter dem Teigpaket zu liegen kommt. Mit bemehlten Händen in kreisenden Bewegungen Teigling zu einem straffen Rund formen (schleifen), dabei, falls nötig, Oberfläche nochmal mit Mehl bestäuben.
Zu einem runden Laib schleifen (hier beim Urgetreide-Brot) |
Teigling mit der Naht nach oben ins vorbereitete Gärkörbchen legen. Oberseite mit Mehl bestreuen. (Bei sehr klebrigem Teig den Rand ringsherum ein bisschen anheben und mehr Haferflocken oder -schrot zwischen Teig und Korbrand streuen).
Korb gut zugedeckt über Nacht in den Kühlschrank stellen (ca. 12 Stunden - kein Aufwärmen nötig).
Über Nacht ist das Brot aufgegangen |
3. TAG
Ofen auf 260ºC (falls möglich) vorheizen, mit einem schweren Schmortopf in der Ofenmitte. Ein grosses Stück Back- oder Pergamentpapier und eine Schere auf der Arbeitsfläche bereitlegen.
Das (kalte) Brot mit energischem Klaps (damit es nicht kleben bleibt!) aus dem Korb aufs Papier befördern. Mit der Schere das Papier zu einer Schlinge mit zwei Tragegriffen zurechtschneiden (sonst wirft es im Topf Falten).
Die Paperschlinge hilft beim Transport in den heissen Topf |
Oberfläche mit einem Rautenmuster (oder wie gewünscht) ca. 1 cm tief einschneiden.
Heissen Topf aus dem Ofen holen, Deckel abnehmen (ich lege einen Ofenhandschuh drauf, damit ich nicht vergesse, wie heiss er ist) und das Brot mit Hilfe der Papierschlinge in den heissen Topf legen.
Brot im Topf |
Zugedeckt 20 Minuten lang backen, dann die Temperatur auf 230ºC reduzieren, und weitere 10 Minuten backen. Deckel abnehmen, und 20-25 Minuten lang weiterbacken, bis das Brot appetitlich braun ist (Innentemperatur mindestens 93°C).
Brot aus dem Topf nehmen (das geht am einfachsten, wenn ihr den Topf schräg haltet, und das Brot am Backpapier herauszieht). Papier entfernen, und Brot vorm Anschneiden auskühlen lassen (wenn ihr euch besser zusammenreissen könnt, als wir).
Appetitlich braungebacken |
Sehr klasse, mal schauen ob ich am Wochenende etwas dieser Art hinbringe. Mit Haferflocken hab ich schon gebacken, aber mir Haferbrei noch nie.
AntwortenLöschenDanke, Christine, du kannst für ein Porridge-Brot jede Art von Getreideflocken oder grobem Schrot nehmen. Der Brei bindet noch mehr Wasser, das Brot ist supersaftig.
LöschenWas für ein tolles Brot und deine Anleitung ist wieder einmal
AntwortenLöschensehr gut. Kommt gleich auf die Nachbackliste...
Lieben Gruß
Dagmar
Danke, Dagmar, ich versuche immer, die Beschreibung möglichst klar zu gestalten - ohne dass man erst in ein Fachlexikon für Bäcker gucken muss.
AntwortenLöschenKlasse, das sieht nicht nur lecker aus, sondern ist auch noch gesund und macht satt! Muss unbedingt ausprobiert werden, nächstes Wochenende.
AntwortenLöschenErfahrungsgemäß schmeckt sowas mit ein paar "Superfoods" wie Chia auch toll!
LG Nicole
Hallo, Nicole, ich habe diese Art von Brot bereits in allen möglichen Variationen gebacken, Saaten sind immer eine leckere Zugabe, und Chia habe ich auch schon benutzt. Es sorgt ja auch ausserdem für längere Haltbarkeit der Backwaren.
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