Montag, 20. Januar 2014

KNEIFEN STATT KNETEN - EINKORN-HASELNUSS-BROT À LA FORKISH


Einkorn-Haselnuss-Brot à la Forkish
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Vor einiger Zeit brauchte ich noch ein Buch mehr für meine Amazon-Bestellung, um keine Versandkosten bezahlen zu müssen. Mehr oder weniger zufällig wählte ich Ken Forkish's "Flour, Water, Salt, Yeast" von meiner Wunschliste - es kostete nämlich in etwa die fehlende Summe!

Beim Durchblättern seines Buchs faszinierte mich die Art und Weise, wie er den Teig knetet - oder, besser gesagt - nicht knetet. Von Dan Lepards Kürbis-Molke-Brot wusste ich, dass sehr kurzes Kneten (30 Sekunden), gefolgt von ein paarmal Falten, für einige Teige ausreichen kann - aber Kneifen?

Walnut Levain - mein erster Versuch mit einem Forkish-Brot.
Normalerweise mixe ich meine Teige nicht per Hand (meine Haut ist sehr trocken), daher nahm ich anfangs auch einen Holzlöffel, um Mehl und Wasser zu verrühren.

Aber Forkish hat Recht, mit der Hand geht das viel schneller, und man hat hinterher weniger Abwasch.

Während des Kneif- und Faltprozesses verhielt sich der Teig genauso wie er sollte: erst ansteigen, dann wieder abflachen, wenn der nächste Durchgang fällig war.

Und jede Runde machte ihn geschmeidiger und glatter!

Forkish's Beschreibungen sind präzise und detailliert, aber trotzdem gibt es ein paar Stolpersteine auf dem Weg, und es brauchte mehr als einen Versuch, bis ich den ganzen Ablauf beherrschte.

Warum die Verschwendung? Du sollst eine Riesenmenge Levain herstellen, nur, um einen geringen Prozentsatz davon für den Hauptteig zu verwenden - der Rest geht in den Müll. Sicher, Mehl und Wasser kosten nicht viel, aber dies entspricht nicht gerade meiner Vorstellung von Wirtschaftlichkeit und Umweltbewusstsein!

Die Logik hinter dieser Verschwendung? Keine Ahnung. Die Brote schmecken grossartig, auch wenn sie ohne diesen Überfluss zubereitet werden. Kann man wirklich den Unterschied zwischen einem Laib herausschmecken, der mit gerade soviel Levain wie nötig hergestellt wird, und einem, wo der Sauerteig aus einem Eimer kommt? Schwer zu glauben!

Das Problem mit dem Kleben: wenn man das Gärkörbchen nicht sehr, sehr gut bemehlt (ob mit Bezug, oder ohne ), kann dies hier passieren:

Oh, neiiiin!!!

Glaub bloss nicht, dass du dein aufgegangenes Brot mit sanften Nachdruck aus dem Gärkörbchen locken kannst. Vergiss die guten Manieren - dein Teig braucht einen Klaps! Nach dem Problem mit den Broten, die störrisch klebten, und beim Herausholen zusammenfielen, machte ich mich schliesslich bei YouTube schlau.

Ein Brot, das zur Flunder wurde (Forkish's Overnight Brownie)

Und wurde prompt fündig: Meisterbäcker Forkish haut nämlich den Korb mit Schmackes auf die Bank - brutale Gewalt macht's möglich! Nach dieser aufschlussreichen Erkenntnis war ich weniger zögerlich, und die Brote liessen schliesslich locker.

Zarte Haut gegen heissen Topf. Ken Forkish befördert das Brot schwungvoll in den Topf - ohne Angst vor Verbrennungen dritten Grades. Leute mit weniger Erfahrung haben möglicherweise nicht soviel Glück. Aber es gibt eine einfache Lösung: die Papierschaukel.

Benutze Backpapier für einen schmerzlosen Transport  (Overnight White)
Die hat schon für andere meiner Topf-Brote gute Arbeit geleistet, wie z.B. das Aroma-Brot. Rette also deine Haut - nimm Backpapier für einen brandblasenfreien Transport.

Nach Überwindung dieser Hindernisse ist dann aber jedes Brot gelungen, das ich aus "Flour, Water, Salt, Yeast" nachgebacken habe. Und meine Variationen "à la Forkish" ebenfalls.

"Kühn" gebackene Kruste, offene Krume, und ein hervorragender Geschmack - aus meinem  versandkostensparenden Zufallskauf wurde eins meiner Lieblingsbackbücher!

A&Naturals, der Lebensmittelladen meines Vertrauens (schliesslich verkauft er meine Brote!) führt seit neuestem italienisches Einkornmehl, und ich liebe Haselnüsse. Beide sind in diesem Rezept kombiniert, zu dem ich mich von Forkish's Broten inspirieren liess.

Ich nehme auch den ersten Schritt dazu - wie man seinen Sauerteig in einen Forkish-Levain verwandelt - mitsamt einem Zeitplan.

EINKORN-HASELNUSS-BROT

Forkish-Levain
12 g Anstellgut (was du hast)
48 g Wasser (32ºC)
48 g Weizenmehl Typ 550
12 g Vollkornweizenmehl

Levain (24 Stunden später)
12 g Forkish-Levain
48 g Wasser (32ºC)
48 g Weizenmehl Typ 550
12 g Einkornmehl

Hauptteig
302 g Weizenmehl Typ 550
138 g Einkornmehl
342 g Wasser (32ºC)
113 g geröstete Haselnüsse, halbiert, oder sehr grob gehackt
11 g Salz
120 g Levain*)

*) Forkish's Empfehlung folgend, nehme ich ein bisschen mehr Levain (120 g anstatt 108 g), weil die Temperatur in meiner Küche normalerweise unter 21ºC ist.

1. TAG
7:00 - 9:00 Uhr: füttere das Anstellgut zu einem Forkish-Levain um. (Bei einer so geringen Menge fällt der Wassergehalt deines Sauerteigs kaum ins Gewicht, wenn er nicht gerade sehr fest ist). Zugedeckt 24 Stunden bei Zimmertemperatur reifen lassen.

Lebendiger Levain

2. TAG
7:00 - 9:00 Uhr (24 Stunden nach dem ersten Auffrischen)
Levain mischen und zugedeckt 7 - 9 Stunden reifen lassen.

Mehl und Wasser mischen

2:00 - 4:00 Uhr
Mehl mit Wasser mit der Hand in einer grossen Schüssel nur so lange mischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist. Zugedeckt 30 Minuten stehenlassen.

Levain und Salz dazugeben

Den Teig erst mehrfach kneifen...

...dann falten

Salz über die Mehlmischung streuen und Levain dazugeben. Schüssel mit Wasser bereitstellen (zum Nassmachen der Hände). Mit nassen Händen erst den Teig von den Seiten darüberfalten, dann wie mit einer Zange den Teig mehrmals kneifen, wieder falten, und das Ganze 5 - 6 mal wiederholen, bis der Teig glatt ist. (Teigtemperatur 25º-26ºC).

Teig 10 Minuten lang ruhen lassen, Nüsse darüberstreuen und auf gleiche Weise einarbeiten.

Nüsse einarbeiten (Walnut Levain)

Teig noch 3 weitere Male falten, davon 2 x im Abstand von 20 Minuten, und das letzte Mal vorm Schlafengehen. Gut zugedeckt über Nacht bei Zimmertemperatur reifen lassen.

Übernacht hat sich der Teig verdreifacht (Forkish's Field Blend Nr. 2)

3. TAG
Nach 12 - 15 Stunden soll sich der Teig verdreifacht haben. Ein Gärkörbchen sehr ausgiebig mit Mehl ausstreuen.

Dank einer Mehlhaut auf der Unterseite bleibt der Teig nicht kleben

Teig über einer bemehlten Stelle einer (sonst mehlfreien) Arbeitsfläche entleeren. Mit bemehlten Händen die Seiten sanft zur Mitte falten, um ein Rund zu formen. (Die Mehlhaut auf der Unterseite verhindert Ankleben).

Die Seiten zur Mitte falten, um ein Rund zu formen

Dann Teigpaket sanft umdrehen, sodass es, mit der Naht nach unten, auf der unbemehlten Fläche zu liegen kommt. Teigling mit bemehlten Händen an sich heranziehen, bis ein mittelstraffer Ball entsteht.
 
Teigpaket umdrehen und zu einer Kugel formen (Overnight Blondie)

Teigling mit der Naht nach unten ins Gärkörbchen legen, grosszügig mit Mehl bestreuen, und gut zugedeckt  3 - 4 Stunden lang gehen lassen.

Teig in die gut bemehlte Brotform legen

Eine 3/4 Stunde vorm Backen einen gusseisernen, oder schweren Schmortopf (mit Deckel) auf die mittlere Schiene des Ofens stellen, und Ofen auf 245ºC vorheizen.

Das Brot soll mindestens um das Doppelte aufgehen (Overnight Brownie)

Eine Delle soll sichtbar bleiben (Einkorn-Haselnuss-Brot)
Das Brot soll mindestens um das Doppelte aufgegangen sein. Mit dem Fingertest prüfen, ob es genügend gereift ist.




Fingertest:
Mit dem Finger sanft eine Delle in den Teig drücken - sie soll noch etwas elastisch sein, sich aber nicht wieder auffüllen, sondern sichtbar bleiben.


Das Brot auf ein Stück Backpapier setzen, indem man das Körbchen energisch auf die Arbeitsfläche schlägt! Die 4 Ecken des Papiers abschneiden, um eine Transport- Schaukel zu bilden.

Aufgegangenes Brot auf Backpapier

Heissen Topf aus dem Ofen nehmen, Deckel öffnen. Brot mit Hilfe der Papierschaukel in den Topf legen. Deckel wieder aufsetzen.

30 Minuten lang backen, dann abdecken, und 20 - 25 Minuten, oder so lange weiterbacken, bis die Kruste mittel- bis dunkelbraun ist (Innentemperatur 99ºC).

Forkish mag sein Brot "kühn" gebacken - ich auch! (Overnight Blondie)

Topf schräg halten und Brot hinausgleiten lassen (das Papier ist jetzt zu brüchig zum Herausheben). Auf Kuchengitter auskühlen lassen. Vorm Anschneiden mindestens 20 Minuten lang ruhen lassen.

Einkorn-Haselnuss-Brot

(Zur Illustration habe ich Fotos verschiedener Forkish-Brote genommen, die ich gebacken habe. Daher sind Farben und Struktur etwas unterschiedlich).

Bei Yeast Spotting eingereicht
 und bei Panissimo:  Bread & Companatico                                       
                                 Indovina chi viene a cena  
                                          
 






 

14 Kommentare:

  1. Sehr interessant! Danke für diesen ausführlichen Bericht. Anmerkung: Bei den No Knead Broten von Lahey soll der Topf ja auch so brüllend heiß sein. Es geht aber auch im kalten Topf - und zwar genauso gut. Ich hab eine Versuchsreihe bei mir aufm Blog dazu. Vielleicht erspart Dir das ja die Schaukelprozedur.
    Herzliche Grüße!

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    1. Danke, Yushka. Ich habe auch schon Brote im kalten Topf gebacken, und ohne vorgeheizten Ofen gebacken, z. B. Farine's Barley Bread. Da wird das Brot nach der halben Backzeit aus dem Topf genommen, und bei reduzierter Temperatur zuende gebacken. Im Fresh Loaf war auch eine Diskussion darüber.
      Ich gucke mir auf jeden Fall mal deine Versuchsreihe an.
      LG, Karin

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  2. Das schaut so großartig aus! Ich liebe großporige Krumen :)
    Rezept ists chon gedruckt, mal schauen, wie ich das zeitlich planen kann, so zwischen dem Arbeiten...

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    1. Danke, Sandra. Ich finde die Löcher sind hier gerade richtig: gross, aber nicht so riesig, dass der Belag durchfällt, wenn man einen Sandwich daraus macht.

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  3. Boah, sieht super lecker aus. Das hätte auch schon wegen dem Topf zum letzten BBD gepasst. Die Krume ist einsame spitze geworden. Jetzt habe ich schon wieder Lust zum backen. Schauen wir mal ob ich im Urlaub dazu komme. Dann versuche ich auch mal mein Brot zu Kneifen :)

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    1. Ja, ich wollte eigentlich auch beim BBD mitmachen, hab es aber zeitlich nicht mehr hingekriegt. Das Kneifen macht wirklich Spass!

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  4. Ich sach nur Reismehl und das ordentlich ;-). Wie schön, dass ich nicht allein die Verschwendung des Sauerteiges sehe, ich habe aus dem übrig gebliebenen von hier Frühstücksbrötchen gebacken. DenTopf habe ich mir gespart, der Backsteint tut's auch. Aber schöne Bilder, die zeigen, wie es funktioniert.

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    1. Der Topf erspart das Schwaden, und liefert, (wenn man sich nicht verbrennt) auch regelmässig gute Resultate. Alte Hasen schaffen das natürlich auch ohne Topf, und ich glaube auch nicht, dass Forkish in seiner Bäckerei alle Brote in Dutch Ovens bäckt.

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  5. Die Krume ist wirklich wunderschön und Einkornmehl liebe ich ja auch sehr! Aber die Zubereitung klingt schon etwas aufwändig. Lohnen sich die zwei Sauerteige geschmacklich? Liebe Grüße Melanie

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    1. Melanie, es hört sich aufwändiger an, als es wirklich ist, weil hier die Zeit der entscheidende Faktor ist.
      Der zweistufige Sauerteig soll eine optimale Starteraktivität garantieren und einen bestimmten Säuregrad - zwar einen vollen Sauerteiggeschmack, aber nicht so stark wie z.B. von San Francisco Sourdough.
      Wenn du einen frisch gefütterten, aktiven Sauerteig hast, kannst du dir den ersten Schritt auch sparen.
      Liebe Grüsse!

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  6. Liebe Melanie, wunderbares Brot hast du gebacken und ich freue mich doppelt, denn das Backbuch bekam ich zu Weihnachten! Ein Brot daraus habe ich schon erfolgreich gebacken http://boulancheriechen.wordpress.com/2014/01/18/50-vollkornweizenbrot-mit-biga-gebacken-im-topf/, deines wird dann das nächste aus diesem Buch!
    Mir wurde allerdings im Brotbackforum von der Benutzung von Backpapier abgeraten, es soll nicht heißer als 230 °C erhitzt werden. Ich habe nachgeschaut u das steht tatsächlich drauf. Ob allerdings Stoffe frei werden, oder was der Grund dafür ist? Seitdem lasse ich mein Brot wieder vom Teigschieber in den Topf rutschen. Neulich hat sich dooferweise eines überschlagen u ist geknickt im Topf gelandet. Ich war sehr missmutig u musste staunen, als ich den Deckel lupfte: Tiptop aufgegangen, die WOLLEN einfach schön werden im Topf ;)
    Liebe Grüße und weiter so!!
    Cheriechen

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    1. Die Diskussion ums Backpapier haben wir auch mal lang und breit im Fresh Loaf Forum gehabt. Ich benutze für alle Brote Backpapier, weil ich für meinen Verkauf ja immer mehrere Brote auf einmal (auf 2 Ebenen) backe, das ginge gar nicht auf dem Backstein. Meiner Ansicht nach geht es hier nicht um freigesetzte Schadstoffe, sondern darum, dass das Papier ab einer bestimmten Hitze dunkel und brüchig wird.
      Dir auch liebe Grüsse, Cheriechen

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  7. Hallo,
    Herzlichen Glückwunsch zu deinem Blog. Die bebilderten Anleitungen bei den Rezepten sind wirklich 1A - da kann ja wirklich nichts schief gehen. Wirklich toll! Ich möchte dich einladen, deine besten Rezepten in einem personalisierten Kochbuch wie diesem hier http://goo.gl/W5ShOv zu sammeln. Keine Sorgen wegen der Kosten für die Erstellung – das Buch ist ein Geschenk (kein Kaufzwang und versandkostenfrei), das wir Ihnen, anderen Bloggern und Mitgliedern unserer Website machen. Außerdem bieten wir dir ein schriftliches Interview an, um dein Blog unseren Mitgliedern vorzustellen.
    Bei Fragen kannst du dich jederzeit gerne an mich unter monkemoller@heimgourmet.com wenden.
    Beste Grüße und Glückwünsche für die Arbeit auf deinem Blog.
    Alexandra M.
    Community Manager
    www.heimgourmet.com

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    1. Danke für das nette Lob.
      Ich habe mir eure Website angeguckt, und hätte schon Interesse, dort mitzumachen.
      LG, Karin

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