Dienstag, 16. Juli 2013

OLIVENBROT - AUS FEINDEN WERDEN FREUNDE


Click here for the English version of this post  














Unsere Patchwork-Familie hat zwei Dinge gemeinsam, wir lieben gutes Essen und mögen keine Oliven!
Selbst die schlechtesten Esser unter unseren Kindern - Valerie, die den Mund zum Rechteck verzog, wenn sie (auf Mutterns Befehl) wenigstens einen Bissen probieren musste, bevor ihr berüchtigtes "Mag nicht!" ertönte; und Francesca, die im Restaurant einfach nur "weissen Reis" bestellte - entwickelten sich zu Feinschmeckern. Valerie wurde sogar Köchin!

Chef Valerie und stolze Mutter
Die Andersons und ihre Sprösslinge puhlen Oliven von Pizzen, und lassen sie unangetastet in der Salatschüssel liegen. Sie bestellen keine Tapenade und trinken keine Martinis. Aber dann passierte etwas Sonderbares...

Da ich wusste, dass viele Leute Olivenfans sind, und sie in jeglicher Form schätzen, hielt ich Ausschau nach einem Brotrezept, um diese hartgesottenen Oliven-Liebhaber unter meinen Kunden zufriedenzustellen.

Ich fand auch eins in meinem geliebten "Brot aus Südtirol" und beschloss, es auszuprobieren, mit leichten Veränderungen (Vorteig und kalter Gare).

Es war ein ziemlicher Kampf, die schlüpfrigen Oliven in den Teig hineinzuzwingen (vielleicht spürten sie meine Abneigung).

Ich fand es auch nicht gerade einfach, den Teig genau so auszurollen, dass ich ihn in zehn einigermassen gleichgrosse Stücke teilen konnte, ohne viel Verschnitt.

Meine erste Partie "Pane di Olive" sah denn auch aus wie deformierte Scones, dazu voller unschöner blauer Flecken (etwa Zeichen meiner Misshandlung?)

Mit ziemlichen Vorbehalten und ohne grosse Erwartung biss ich in ein oliventrächtiges Brötchen. Nahm noch einen ungläubigen Bissen und war zutiefst geschockt - das Olivenbrot schmeckte gut, richtig gut, unglaublich gut!!

Unglaublich gut!

Ich gab eins Richard, dem bereitwilligsten aller Versuchskaninchen-Ehemänner (aber auch dem grössten Olivenfeind unter uns), der es misstrauisch beäugte. "Du solltest es lieber 'Malfatti" nennen" (italienisch für "misslungen") meinte er abfällig.

Mir zu Gefallen knabberte er dann aber doch vorsichtig an einer Ecke des Olivenbrötchens. IM NU WAR ES VERSCHWUNDEN! 

Nur qualitativ hochwertige Oliven nehmen!

Beim wiederholten Backen des Olivenbrots - es war nämlich tatsächlich ein grosser Hit bei meinen Kunden - lernte ich ein paar Tricks, um die Zubereitung einfacher zu machen.

Vor allem ist es wichtig, nur qualitativ hochwertige Oliven, wie z.B. Kalamata, zu nehmen. Der Geschmack des Brotes hängt nämlich davon ab, also bitte nicht am falschen Ende sparen!

Trocknen auf Küchenkrepp hilft enorm

Wenn du die Oliven nicht nur abtropfen, sondern dazu mehrere Stunden auf Küchenkrepp trocknen lässt, sind sie weniger schlüpfrig, und gehen wesentlich bereitwilliger eine Verbindung mit dem Teig ein.

Du schlägst ausserdem zwei Fliegen mit einer Klappe, denn auch die hässlichen "blauen Flecken" bleiben aus.

Anstatt einen Vorteig zu verwenden, finde ich es einfacher, den Teig mit Strecken und Falten zu verarbeiten, plus Übernachtung im Kühlschrank. Durch die langsame Reifung benötigt man auch weniger Hefe.

Eine Schablone vereinfacht das Ausrollen

Ein bisschen Rechnen (nicht unbedingt eine meiner Stärken) und eine Papierschablone machten schliesslich das Ausrollen und Zerteilen des Teigs beinahe zum Kinderspiel!


OLIVENBROT   (nach Richard Ploner: "Brot aus Südtirol")
(10 Stücke)

Teig
250 g Weizenmehl Typ 405
250 g Weizenmehl Typ 550
    4 g Trockenhefe (oder 12 g Frischhefe)
    9 g Salz
    5 g Honig
  30 g Olivenöl
100 g Oliven in guter Qualität (z.B. Kalamata)
240 g Wasser

zum Bestreichen
 12 g Milch
 12 g Sahne
   7 g Zucker

 
1. TAG:
Oliven im Sieb abtropfen lassen, grob hacken und auf einer dicke Lage Küchenkrepp mehrere Stunden trocknen lassen (sie werden immer noch feucht sein).

Alle Teigzutaten, ausser den Oliven, auf niedriger Stufe (oder mit Holzlöffel) 1-2 Minuten lang mischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist. Teig 5 Minuten ruhen lassen.

Auf mittel-niedriger Stufe (oder mit der Hand) 2 Minuten lang kneten, dabei (falls nötig) etwas mehr Wasser dazugeben (Teig soll noch etwas kleben). Weitere 4 Minuten lang kneten, dabei nach und nach die Oliven dazugeben (Teig soll immer noch eher ein bisschen kleben).

Teig von oben wie einen Geschäftsbrief falten

Teig auf eine leicht eingeölte Arbeitsfläche befördern und mit eingeölten oder nassen Händen zu einem Rechteck auseinanderdrücken und -ziehen. Von oben und unten wie einen Geschäftsbrief in 3 Teile falten. Das Gleiche von beiden Seiten wiederholen.

Teigpaket zu einer Kugel zusammennehmen, und mit der Naht nach unten in eine eingeölte Schüssel legen. Zugedeckt 10 Minuten lang ruhen lassen.

Nach dem Strecken und Falten hat man ein Teigpäckchen

Dieses Strecken und Falten noch 3 x wiederholen, in 10-minütigen Abständen. Nach dem letzten Falten den Teig, gut zugedeckt, über Nacht in den Kühlschrank stellen (er kann am nächsten Tag kalt verarbeitet werden).

2. TAG
Ofen auf 210ºC vorheizen. Aus Pergamentpapier eine 24 x 30 cm Schablone ausschneiden. Backblech mit Backpapier auslegen.

Über Nacht hat sich der Teig im Kühlschrank verdoppelt

Milch, Sahne und Zucker zum Abstreichen in einer kleinen Schüssel gut verrühren. In der Mikrowelle aufkochen lassen. Herausnehmen und beiseite stellen.

Ausgerollt und markiert

Teig auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche mit Hilfe der Schablone zu einer 24 x 30 cm grossen, etwa 1.5 cm dicken Platte ausrollen. Kanten begradigen. Teigplatte erst mit einem Pizzaschneider oder Messer längs halbieren, dann jede Hälte in 5 gleich grosse Teile schneiden. (Teig ist sehr weich).

Mit dem Löffelstiel eindrücken

Teigstücke aufs Backblech legen. Mit Milch-Sahne-Mischung bestreichen. Mit dem Stiel eines Holzlöffels in gleichmässigen Anständen tief eindrücken.

Zugedeckt 30 - 40 Minuten lang gehen lassen, bis sie beinahe um das Doppelte aufgegangen sind und eine mit dem Finger eingedrückte Delle sichtbar bleibt.

Brote (ohne Dampf) 10 Minuten lang backen, Blech um 180 Grad drehen, und 10 Minuten (oder so lange) weiterbacken, bis die Brote goldbraun sind. (Innentemperatur mindestens 93ºC).


Wir haben uns immer noch nicht von dem Schock erholte, dass die Andersons doch Oliven mögen - SOLANGE SIE SICH IN OLIVENBROT BEFINDEN!


Bei Panissimo eingereicht:  Bread & Companatico
                                            Indovina chi viene a cena                                            

21 Kommentare:

  1. Stimmt, bei den Oliven sollte man keinesfalls sparen. Das schaut sehr Appetit anregend aus

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke, Ulrike!
      Ich war gerade auf der Suche nach etwas, dass ich einer Freundin an diesem heissen Tag zum Tee anbieten kann. Deine Kirsch-Törtchen wären genau das Richtige (wenn ich es zeitlich nach meiner Brotbackerei noch schaffe.)

      Löschen
  2. Schaut sehr appetitanregend aus. (Ich liebe Oliven).
    Zudem eine gute Alternative zum Grill-Baguette. Wird getestet beim nächsten Grillabend.

    Ciao Werner

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Probier sie, Werner, ich habe die Olivebrötchen auch mal anstatt Wein zu einer Grill-Party mitgenommen, sie waren ein grosser Hit!

      Löschen
  3. Vielleicht ist das ja der Beginn einer großen Olivenleidenschaft ;-)? Ich habe sie auch lange gar nicht gemocht und jetzt kann ich nicht genug davon bekommen. Die Olivenbrötchen gefallen mir daher sehr gut!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke,
      Es ist schon merkwürdig, ich hab ja Oliven noch mal ab und an gegessen, aber mein Mann ist wirklich ein grosser Olivenfeind, und er liebt dieses Brot! Gestern hab ich es wieder für meine Kunden gebacken, und er hat sich sofort über die Randstücke hergemacht. :)

      Löschen
  4. Hier meldet sich noch jemand, der mit Oliven auf Kriegsfuss steht. Sieht so aus, als könnte ich mit dem Rezept zwei Abneigungen auf einmal den Kampf ansagen - ich habe nämlich bisher auch um das Falten von Teig einen großen Bogen gemacht.

    AntwortenLöschen
  5. Hesting, ich dachte auch erst, Falten wäre eine Technik, die ich nicht unbedingt lernen muss, weil ich viel mit Vorteigen arbeite. Aber es ist eine sehr gute Alternative - ausser für sehr klebrige Roggenteige mit wenig Gluten. Man muss nur darauf achten, dass der Teig nicht zu trocken ist, er muss noch leicht klebrig sein.
    Probier es mal aus, und hoffentlich geht es dir so wie uns mit dem Olivenbrot.
    Danke für deinen Besuch (und Kommentar!)

    AntwortenLöschen
  6. Ja, da muss ein deutscher Bloggerin China, der ein Olivenbrot backen will erst mal eine deutsche Bloggerin in Amerika finden um Tipps zu bekommen wie man am besten die dämlichen Oliven ins Brot bekommt. Besten Dank für die Tipps, die waren sehr hilfreich und der Blogbeitrag ist auch super uns sehr Instruktiv geschrieben. Ich mache jetzt erst mal ein Sauerteig basiertes Olivenbrot.

    AntwortenLöschen
  7. Danke!
    Ja, es ist wirklich frustrierend, wenn sich der Knethaken mit dem Teig nur in den Oliven am Schüsselboden herumdreht, und sie zermatscht und sonst gar nichts. Oder wenn man versucht, sie per Hand einzukneten, und sie flutschen immer wieder heraus.
    Deine Asian-fusion Rezepte gefallen mir sehr, obwohl es hier in Maine wahrscheinlich so exotische Zutaten wie Galgantwurzel nicht zu kaufen gibt.
    Was für ein Oliven-Sauerteigbrot bäckst du denn?

    AntwortenLöschen
  8. Hanseata,
    Ich weiß bestimmt dass es viele Asiaten in den US gibt und als ich in New York gewohnt habe, da habe ich Galgant ohne Problem gekriegt. Aber in Maine…? Du könntest aber den Galgant durch Ingwer ersetzten, das dürfte eigentlich auch sehr gut funktionieren, die beiden sind ja sozusagen von der gleichen Familie.
    Ja, die Oliven haben sich jetzt brav in den Teig gelegt und sind dort auch fortan verblieben. Ich habe ein griechisch angehauchtes Brot gemacht. Heute war der Anschnitt und das Brot ist einfach nur himmlisch. Das Ergebnis gibt’s diese Woche beim mir auf dem Blog und auch bei Bread Baking Day #61 Jetzt habe ich nur ein Problem. Ich möchte noch unbedingt Tsatsiki dazu machen, aber Quark ist halt Mangelware hier 
    LG aus China

    AntwortenLöschen
  9. Ingwer gibt's auf jeden Fall, und vielleicht finde ich Galgant in Portland (Maine), dort sind auch asiatische Lebensmittelläden.
    Wie schön, dass es mit der Oliveneinarbeitung geklappt hat, und ich bin auf jeden Fall gespannt auf dein griechisches Olivenbrot.
    Quark gibt es in den USA auch kaum, und wenn, zu Apothekenpreisen. Ich kann mir für Tsasiki mit 1/2 griechischem Joghurt/1/2 Sour Cream behelfen, aber das kommt für dich ja vermutlich auch nicht infrage.

    AntwortenLöschen
  10. Joghurt gibt's noch, aber wenn dann immer nur mit süßem Geschmack was schon mal gar nicht geht. Sourcream gibt's zu Wucherpreisen, Quark gibt's in meinen Träumen. Also bleibt Tsatsiki ein Luxus den ich mir ab und zu mal gönne, so wie guten Käse zum Beispiel. Wenn ich nur frische Kuhmilch und Lab finden könnte, dann hätte ich schon das Käsemachen begonnen…

    AntwortenLöschen
  11. Frei nach Loriot: Ein Leben ohne Quark ist machbar, aber nicht erstrebenswert. Aber Joghurt selber machen, müsste doch klappen, geht doch auch mit H-Milch, und die Kulturen müsstest du dir schicken lassen, oder geht das nicht?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Mir fällt bei Loriot immer sofort die "übersichtliche" Portion (Papa ante Portas) und der korrekte "sparsame" Gesichtsausdruck des Untergebenen (Der gute Ton) ein. Sowas lässt sich leider sehr schlecht ins Englische übersetzen.
      Ich habe letzte Woche griechischen Joghurt aus Vollmilch, etwas griechischem Joghurt und Trockenmilchpulver gemacht, ganz toll geworden, und hat uns besser geschmect als der Gekaufte.

      Löschen
  12. dein Blog ist ja voller toller Tipps ,
    werde Dich gleich verlinken
    und kannst du dir keine Büsche per Internet schicken lassen
    kann ich kaum glauben dass es diese Früchte bei Euch nicht gibt

    Grüße aus dem Norden von Frauke

    AntwortenLöschen
  13. Danke, Frauke, das Gedicht von der Röde Grütt muss ich mir unbedingt kopieren.
    Das Problem mit Johannisbeeren und Stachelbeeren ist hier leider ein Anbauverbot, weil sie angeblich Schädlinge beherbergen können, die die Weissfichten angreifen. Dieses Anbauverbot ist in den anderen Neuenglandstaaten schon wieder aufgehoben worden, aber nicht in Maine.
    Ich habe allerdings einen namenlosen kleinen Busch mit grünen Beeren, den es, wohl aus Versehen, mal im Baumarkt zu kaufen gab.

    AntwortenLöschen
  14. Frei nach dem Motto: Mein Name ist Lohse und ich kaufe hier ein. So gute Unterhaltung kriege ich hier im Fernsehen leider nicht geboten, genauso wenig wie Quark Da backt man doch schon lieber mal Brot, gelle?
    Natürlich haben wir einen Jogurt Maker hier und wenn man mal welchen gemacht hat braucht man auch keine Kulturen mehr. Aber man muss immer und dauernd Jogurt essen damit immer frischer da ist. Das haben wir dann auf Dauer bleiben sein lassen.
    P.S. Das Olivenbrot ist jetzt online, viel Spaß beim Lesen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dein Olivenbrot sieht wirklich gut aus, und ich bewundere deinen Mut bei den Gewürzen, Sternanis und Kurkuma hätte ich mir wohl nicht getraut hineinzutun.
      Mit dem ständigen Joghurtmachen, weil die Kultur gefüttert werden muss, ist es wie mit dem legendären "Hermann", nach dem zweiten Hefekuchen hat man erstmal genug!

      Löschen
  15. Gefällt mir gut dein Bericht. Schau mal hier auf den LINK damit habe ich meine Olivenmuffel geangelt. Vielleicht auch etwas für deine Kundschaft


    http://chezmarlies.blogspot.fr/2013/03/oliven-platzchen-sables-aux-olives.html

    Liebe Grüsse aus der Haute-Marne

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Meine Güte, Marlies, diese Plätzchen sind ja erstaunlich! Ich muss sie unbedingt probieren und werde mir das Rezept gleich kopieren.
      Danke für den Link, und liebe Grüsse

      Löschen

Empfohlener Beitrag

RICHTIG AUFGEPUFFT - AMERIKANISCHE POPOVERS

Click here for the English version of this post Popovers sind die amerikanische Version des englischen Yorkshire-Puddi...