Freitag, 21. Oktober 2016

SCHWÄBISCHES ROGGENBLÜMLE - MIT ROGGEN-PLUNDERTEIG!


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Gerade rechtzeitig für Zorra's World Bread Day 2016, erhielt ich Stanley Ginsberg's neuestes Buch The Rye Baker mit der Post.

Ich traf Stanley vor einigen Jahren im Fresh Loaf Forum, als er Testbäcker für sein erstes Buch, Inside the Jewish Bakery ("In der jüdischen Backstube") suchte.

Obwohl die Rezepte in dem Stadium noch etwas unausgegoren waren (mein Mann fühlte sich wie ein Testkaninchen!), war das Ergebnis der Mühe wert. Ich liebe Stanley's Polnisches Kartoffelbrot, und seine Zwiebelbrötchen sind auch bei meinen Kunden äusserst begehrt.

Letztes Jahr habe ich daher gern bei der Übersetzung einiger deutscher Rezepte geholfen, die Stanley für sein (ausschliesslich Roggenbroten gewidmetes) Buch in Erwägung zog.

https://www.amazon.com/Rye-Baker-Classic-Breads-America/dp/0393245217/
Beim Durchblättern des Rye Baker fiel mir ein Rezept mit würzigen, schneckenförmigen Brötchen auf. Nicht nur, weil das "Schwäbische Roggenblümle" so nett aussah - es wurde mit einem Roggenplunderteig hergestellt!

Ich hatte keine Ahnung, dass es so etwas überhaupt gab!

Die Füllung war einfach: leicht geräucherten, milden Rohschinken und französchen Comté-Käse hatte ich sowieso im Kühlschrank, und für die frischen Kräuter schnibbelte ich Thymian im Garten ab.

Als Quarkersatz (der in den USA nicht so ohne weiteres erhältlich ist), sieht das Rezept eine Mischung aus Hüttenkäse und Philadelphia vor. Dieser Umweg ist allerdings nicht nötig, wenn ihr Quark problemlos kaufen könnt.

Füllungszutaten (im quarklosen Maine)
Die Hefemenge (10 g) schien mir ziemlich viel, ich nahm etwas weniger (9 g, und würde sie beim nächsten Mal wohl noch weiter reduzieren.

Den Plunderteig herzustellen war ein bisschen knifflig. Das Rezept sieht Pflanzenfett fürs Tourieren vor.

Vom Croissant-Backen wusste ich: wenn Butter und Teig genügend gekühlt sind, bleibt das Fett während des Ausrollens und Faltens an Ort und Stelle.

Weiches Pflanzenfett ist dagegen schwerer einzudämmen. Ich hätte, wie bei meinen Croissants, die Teigränder besser geradeschneiden sollen. Meine unregelmässige Naht hatte Lücken, durch die etwas Fett beim Ausrollen entkommen konnte.

Unnötig zu sagen: an diesem Tag brauchten weder meine Hände, noch Teigrolle und Arbeitsplatte weitere Ölung  - dafür hatte Crisco bereits gesorgt! Zum Glück blieb das meiste Fett aber brav im Teig, und lief auch beim Backen nicht aus.

In Pflanzenfett ist, im Gegensatz zu Butter, kein Wasser enthalten, das den ohnehin weichen Teig noch klebriger machen könnte. (Wenn ihr lieber mit Butter tourieren wollt, solltet ihr daher etwas Mehl untermischen: 1 EL Mehl/200 g Butter). Ich könnte mir den Teig auch gut mit Schmalz vorstellen.

Uns haben die herzhaften Schnecken wunderbar geschmeckt. Die laminierten Schichten waren erfreulich knusprig, und die Füllung besonders lecker. Die Brötchen sind dazu äusserst sättigend - eins reichte uns zum Lunch!

Die attraktive Blumenform verhinderte allerdings, dass der Teig an den Berührungsstellen mit den anderen Brötchen kross wurde. Da ich ein grosser Knusper-Freund bin, würde ich beim nächsten Mal wohl Form der Funktion opfern, und die Schnecken von einander getrennt aufs Backblech legen.

Die schwäbischen Roggenbrötchen backe ich aber ganz bestimmt wieder!

Eins dieser leckeren Brötchen ist eine Mahlzeit

SCHWÄBISCHES ROGGENBLÜMLE (nach Stanley Ginsberg: The Rye Baker)

(7 Schnecken)

Sauerteig
102 g Roggenmehl Typ 1150
93 g Wasser  (41ºC)
5 g Roggenanstellgut

Hauptteig
200 g Sauerteig
153 g Roggenmehl Typ 1150
245 g Weizenmehl Typ 550
218 g kaltes Wasser
10 g Salz
9 g Trockenhefe oder 27 g Frischhefe
3 g Brotgewürze (Anis, Fenchel, Kümmel, Koriander, gemischt)

Tourierfett
200 g Pflanzenfett (20-22º) (wenn es sehr weich ist, lieber kühlen!)
(Alternativ: Butterplatte mit 200 g Butter + 8 g/1 EL Mehl, siehe Butter-Croissants)

Füllung
125 g luftgetrockneter Schinken, gewürfelt
125 g Zwiebel, gewürfelt
2 TL Pflanzenöl
125 g würziger Hartkäse, gerieben (wie Gruyere, Parmesan etc.) (ich nahm Comté)
127 g Quark oder Schmand (Ersatz: 85 g abgetropfter Hüttenkäse + 42 g Philadelphia)
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
(ich habe kein extra Salz dazugegeben, Schinken und Käse waren mir salzig genug!)
gehackte Kräuter nach Belieben (ich nahm frischen Thymian)


1. TAG (Nachmittags - 15:00 - 18:00):
Sauerteig: Anstellgut in kleiner Schüssel in Wasser auflösen, dann Mehl untermischen. Zugedeckt bei Zimmertemperatur über Nacht reifen lassen (ca. 15-18 Stunden - bis sich einzelne kleine Blasen an der Oberfläche zeigen und der Starter etwas aufgepufft aussieht). 

Schinken und Zwiebel andünsten

Füllung: In einer Pfanne Schinken und Zwiebel bei mittlerer Hitze in Öl andünsten, bis die Zwiebeln glasig sind. Auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.

Quark und Käse in einer Schüssel gut verrühren, dann Schinken-Zwiebel-Mischung untermischen. Mit Pfeffer würzen ( (ich habe kein extra Salz mehr dazugegeben). Zugedeckt bis zum Gebrauch in den Kühlschrank stellen.

Würzige Schinken-Käse-Füllung

2. TAG (Morgens - 6:00 - 9:00)
Hauptteig: alle Zutaten auf niedriger Stufe (KitchenAid 2)) kneten, bis der Teig die Schüsselwände freigibt, ca. 5-6 Minuten. Teig in Plastikfolie einwickeln und 1 Stunde in den Kühlschrank stellen.

Tourieren: Teig auf eine leicht bemehlte Arbeitsfläche geben. Extra Mehl und einen Backpinsel bereithalten.  

Arbeitsfläche bei Bedarf immer wieder leicht bemehlen, um ein Ankleben zu verhindern, und vorm Falten loses Mehl vom Teig abbürsten

Es ist einfacher, den Teig unter Plastikfolie auszurollen

1. Tour:
Teig zu einem Rechteck ausrollen (45 x 20 x 1.25 cm) (Ich lege ein Stück Plastikfolie auf den Teig, so klebt er nicht an der Rolle). Die Hälfte des Pflanzenfetts gleichmässig auf den linken 2/3 des Teigs verteilen (einen 2 mm Rand an den Seiten freilassen, weil das weiche Pflanzenfett sich beim Ausrollen ein bisschen ausbreitet). 

(Fürs Tourieren mit Butterplatte bitte der Beschreibung bei Butter-Croissants folgen)

Beginnend mit der (fettlosen) rechten Seite den Teig wie einen Geschäftsbrief in Drittel falten. Kanten mit einem Messer begradigen, sodass die Schichten sauber über einanderliegen. (Teigreste könnt ihr oben drauflegen, sodass sie bei der nächsten Tour miteingerollt werden)

Tourierfett auf 2/3 des Teigs verstreichen

2. Tour:
Teigpaket um 90 Grad drehen, nach Bedarf Arbeitsplatte bemehlen, und das Aurollen, Einfetten (mit dem restlichen Pflanzenfett) und Falten wie bei der 1. Tour wiederholen. Teigpaket in Plastik wickeln und für 20-30 Minuten in den Kühlschrank stellen.

Teigpaket in Plastikfolie einwickeln und kühlen

3. Tour:
Teig wie bei der 1. Tour ausrollen und falten (ohne Fett).

4. Tour:
Teig zu einem 60 x 20 cm Rechteck ausrollen. Mit einem Messer die Ränder der kurzen Seiten begradigen (damit beim Falten eine gerade Naht entsteht - nicht so unregelmässig wie auf dem Foto unten!))

Rechte und linke Seite des Rechtecks zur Mitte falten, so dass eine Naht entsteht. Dann das Ganze in in der Mitte (Naht) zusammenfalten, so wie man ein Buch zuschlägt. In Plastikfolie wickeln und für 20-30 Minuten in den Kühlschrank legen.

Hätte ich rechtzeig daran gedacht, die Ränder zu begradigen.....

.......hätte mein Teigpaket so säuberlich ausgesehen wie hier (Croissant-Teig)!

Teig zu einem 20 x 45-50 cm grossen Rechteck (1.25 cm dick) ausrollen, die kurze Seite vorn.
Kante dieser kurzen Seite mit der Teigrolle abflachen (damit man sich hinterher keine dicke Naht bekommt).

Füllung über 4/5 des Teigs verteilen

2.5 cm vom oberen Ende beginnend, die Füllung gleichmässig über 4/5 des Teigs verteilen. Dann den Teig von oben nach unten aufrollen. Den freien unteren Rand with Wasser bestreichen und durch Anpressen verschliessen.

Rolle mit einem scharfen Messer in 7 gleichgrosse Scheiben schneiden

Teigrolle mit scharfem Messer in 7 gleichbreite Scheiben schneiden. Eine Scheibe in die Mitte eines mit Backpapier belegten Backblechs plazieren, und die anderen darum herum anordnen, sodass die Teiglinge sich berühren. Mit Kräutern bestreuen.

(Wenn ihr rundherum knusprige Ränder haben wollt, verzichtet auf die hübsche Blumenform, und legt die Teiglinge einzeln, mit ausreichendem Abstand, aufs Blech.)

Fertige "Blume"

Teiglinge zugedeckt 20-25 Minuten reifen lassen. Sie werden ihr Volumen nicht sehr vergrössern, aber die Abstände zwischen den Schnecken werden etwas enger sein.

Ofen auf 210ºC vorheizen, dabei ein Gefäss zum Dampferzeugen auf das obere oder untere Rost stellen (ich benutze eine Bratensaftpfanne.)

Brötchen in den Ofen stellen (Mitte), dabei eine 1/2 Tasse kochendes Wasser ins Dampfgefäss giessen. Nach 5 Minuten Dampfgefäss entfernen, und Brötchen in weiteren 17-19 Minuten fertigbacken (bei ungleichmässiger Ofenhitze Blech nach der halben Backzeit um 180 Grad drehen).
Die Schnecken sollten mittelbraun sein, und die Käsefüllung blubbernd und geschmolzen.

Wir mochten die herzhaften Brötchen sehr!
Auf einem Kuchengitter abkühlen lassen. Warm oder bei Zimmertemperatur servieren.

AUFBEWAHREN:
Die Roggenschnecken lassen sich gut einfrieren: erst einzeln in Plastkfolie wickeln, dann in Gefrierbeutel legen. Zum Essen auftauen lassen, dann ein paar Minuten bei 200ºC im Ofen knusprig werden lassen. Oder die gefrorenen Brötchen in der Mikrowelle halb antauen lassen (nicht ganz auftauen!) und dann im Ofen aufbacken.

Reprinted with permission from "The Rye Baker" by Stanley Ginsberg, copyright © 2016. Published by W.W. Norton & Company

2 Kommentare:

  1. Ein tolles Rezept, ich bin so begeistert und werde es unbedingt so schnell wie möglich nachmachen. DANKE!
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
    Ingrid

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    1. Danke, Ingrid, es ist ein bisschen Arbeit, lohnt aber wirklich die Mühe.
      Dir auch ein schöner Sonntag - ich fliege Montag nach Hamburg, mal sehen, was es alles Neues gibt :)

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