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Falls ihr die Facebook-Gruppe "Baking 101" kennt, kennt ihr wahrscheinlich auch Danny Klecko's Blog "Last American Baker".
Klecko's Posts sind kurios und oft sehr lustig, und er scheint sie mit schnoddriger Schreibe voller Freude und ohne grosse Mühen zu produzieren (anders als eine neidische Bäckerin, deren Namen ich nicht preisgeben werde).
Ab und zu fügt er einem seiner Posts als Köder ein Rezept bei, um euch auch dann in seine Welt zu locken, wenn ihr denkst, ihr hättet bereits eine Überdosis Facebook genossen.
Das ist mir passiert, als ich dem Link mit der neugierig machenden Überschrift folgte: "Das Rezept, das den Kalten Krieg beendete".
Klecko beschreibt, wie vor 20 Jahren die Präsidenten Reagan und Gorbatschow einen Friedensgipfel in St. Paul, seiner Heimatstadt, abhielten. Und die Bäckerei, in der Klecko damals arbeitete, wurde offiziell damit beauftragt, ein Brot zu liefern, das die beiden Staatshäupter als Friedenssymbol miteinander brechen könnten. Der Job ging an Klecko, einen Laib zu finden, der einem Russen gefallen würde, aber in der Quintessenz amerikanisch - und dazu aus Minnesota - wäre.
Nach viel Blut und Schweiss und zahlreichen Gebeten an seinen "Polnischen Jesus", kreierte er:
Danny Kleckos Wildreis-Sauerteig-Brot
2 1/2 EL Instanthefe
2 3/4 Tassen Wasser
1 1/3 Tassen Ziegelsauerteig (dies bezieht sich auf eine mysteriöse polnische Mixtur aus Roggen, Weizenmehl und Kartoffelflocken)
1 EL Molasse
1/4 Tasse Honig
2 EL Essig
2 1/4 Tassen Vollkornweizenmehl
6 Tassen Weizenmehl
1/2 Tasse Kleie
1 EL Salz
1 Tasse gekochter Wildreis
So weit, so gut. Aber nun kommt es:
Bei 200-230ºC bis zu 30 Minuten lang backen.
Ein ziemlicher Temperaturunterschied! Kleckos Kommentar: er schätze ein knusprigeres Brot, und backe es bei 230ºC, aber viele Hobbybäcker würden es möglicherweise lieber bei 200ºC backen.
Ich wunderte mich über die geringe Menge Salz im Teig, und fragte Klecko deswegen. Er gab zu, mit Salzgehalt ein bisschen herumgespielt zu haben, um "weinerliche Amerikaner zu beschwichtigen, die das Brot sonst nicht essen würden, wenn sie das Gefühl hätten, es enthielte zu viel Salz".
Wildreis gibt dem Brot seinen besonderen Geschmack |
Also hab ich mich daran gemacht, das Rezept metrisch "aufzubereiten", mir den Sauerteigstarter zu überlegen, und die Menge an (teurem) ungekochtem Wildreis auszurechen, die eine Tasse gekochten Reis ergeben würde - mit geringstmöglichem Überschuss.
Weil ich den Teig lieber langsam über Nacht im Kühlschrank aufgehen lasse - meine bevorzugte Methode - konnte ich auch die Menge an Trockenhefe reduzieren.
Hier ist nun meine Version des historisch bedeutsamen Brots (für nur zwei Laibe):
WILDREIS-SAUERTEIG-BROT (2 Brote) (adaptiert von Danny Klecko's "Last American Baker")
SAUERTEIG
43 g Roggenanstellgut (100%)
53 g Vollkornroggenmehl
74 g Weizenmehl Typ 550
80 g Wasser, lauwarm
REIS
144 g Wasser
37 g Wildreis (im Sieb abgespült und abgetropft)
TEIG
440 g Wasser (35ºC)
5 g Trockenhefe (oder 15 g frische Hefe, entsprechend vorbereitet)
Anstellgut
gekochter Wildreis (mit etwa übriggebliebenem Wasser)
500 g Weizenmehl Typ 550
192 g Vollkornweizenmehl
20 g Weizenkleie
16 g Salz
26 g Balsamessig
13 g Zuckerrübensirup
13 g Honig (wenn man es gern süsser hat)
1.TAG :
Morgens den Sauerteigstarter zubereiten: Zutaten vermischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist. 2 Minuten lang kneten. 5 Minuten ruhen lassen, dann 1 weitere Minute lang kneten. Zugedeckt bei Zimmertemperatur reifen lassen.
Der gekochte Reis absorbiert noch mehr Wasser beim Abkühlen |
Wildreis mit Wasser aufkochen, dann bei geringer Hitze 45 Minuten köcheln lassen. Zugedeckt stehen lassen (der Reis absorbiert noch mehr Wasser).
Abends Teig zubereiten. Trockenhefe im warmem Wasser auflösen (Frischhefe entsprechend anrühren). Zu den anderen Zutaten hinzufügen. Auf niedriger Stufe (oder mit einem Holzlöffel) 1-2 Minuten lang verrühren, bis alles Mehl angefeuchtet ist. Dann 5 Minuten lang ruhen lassen.
Bis zum Abend ist der Sauerteig schön aufgegangen |
Auf mittlerer Stufe (oder mit der Hand) 2 Minuten lang kneten, dabei notfalls etwas Wasser dazugeben (vermutlich nicht nötig. Der Teig soll noch klebrig sein). Weitere 4 Minuten lang kneten. Teig soll immer noch etwas kleben.
Teig mit feuchten oder eingeölten Händen auf einer leicht eingeölten Arbeitsfläche zu einem Viereck auseinanderziehen und wie einen Geschäftsumschlag dreifach falten. Um 90 Grad drehen und von den kurzen Seiten genauso falten. (Stretch & Fold Technik lässt sich bei YouTube lernen). Ränder nach unten zu einem Ball zusammennehmen, und Teigball in leicht gefettete Schüssel legen (mit der Naht nach unten). 10 Minuten zugedeckt ruhen lassen.
Nach dem letzten Falten kommt der Teig in den Kühlschrank |
Strecken und Falten noch 3 mal in 10-minütigen Abständen wiederholen (Dauer insgesamt 40 Minuten). Nach dem letztem Falten in einen eingefetteten Behälter mit Deckel legen und über Nacht in den Kühlschrank stellen (ich teile den Teig jetzt bereits in 2 gleiche Portionen).
2. TAG:
Teig 2 Stunden vor Gebrauch zum Aufwärmen aus dem Kühlschrank nehmen.
Über Nacht hat sich der Teig beinahe verdoppelt! |
Ofen auf 225º C vorheizen, mit feuerfestem Gefäss zum Dampferzeugen auf oberster oder unterster Schiene und Backstein (wenn vorhanden).
Teig zu 2 runden oder länglichen Broten formen. In Gärkörbchen (Naht nach oben) 45 - 60 Minuten lang gehen lassen, oder so lange, bis sie sich um das 1 1/2-fache vergrössert haben. (Fingerprobe!)
Das Brot ist um das 1 1/2-fache aufgegangen |
Brote auf ein mit Backpapier belegetes Blech legen (oder direkt auf dem Backstein backen). Kreuzweise einschneiden (nicht zu zaghaft, die Kerben sollen tief genug sein).
Kreuzweise Schnitte machen ein hübsches Muster |
In den Ofen schieben, dabei 1 Tasse kochendes Wasser in die aufgeheizte Dampfpfanne giessen. 20 Minuten lang backen, dann um 180 Grad drehen und die Dampfpfanne entfernen.
Weitere 15 - 20 Minuten lang backen. (Brot soll hohl klingen, wenn man auf den Boden klopft, und die Innentemperatur soll mindestens 93º C erreicht haben). Brote für weitere 10 Minuten im ausgeschalteten Ofen lassen, die Tür dabei einen Spalt öffnen (damit die Kruste nicht zu schnell wieder weich wird).
Herausnehmen und auf einem Kuchengitter auskühlen lassen.
Man kann die dunklen Wildreiskörner gut erkennen |
Wie Reagan und Gorbatschow, hätten wir nach dem Genuss dieses wunderbaren Brots bereitwillig den Krieg beendet. JEDEN Krieg, ob heiss oder kalt! Es schmeckt leicht nussig und sehr saftig, und die Krume, gesprenkelt durch den dunklen Wildreis, ist auch sehr hübsch anzusehen.
Wir können uns also alle bei Danny Klecko für das Rezept bedanken, das die Berliner Mauer zum Einsturz brachte. Es hat Reagan und Gorbi so milde gestimmt hat, dass sie nicht anders konnten, als den Kalten Krieg zu beenden!
Dieser ursprünglich im Mai 2012 eingestellte Post wurde komplett überarbeitet
Bei Panissimo eingereicht: Bread & Companatico
Indovina chi viene a cena
Dein Wildreis-Sauerteigbrot sieht ja zum Anbeissen aus. Lecker!
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Renate
Danke für dein nettes Kompliment, Renate. Probier's mal aus, es ist wirklich ein tolles Brot.
AntwortenLöschenLiebe Grüsse,
Karin
das sieht wirklich super lecker aus! hört sich zwar auch nach ordentlich arbeit und geduld an, aber das ergebnis ist bestimmt total lecker! :)
AntwortenLöschenund beim klecko muss ich mal vorbeischaun :)
glg
merle
Marlies, soviel Arbeit ist es gar nicht, das meiste sind ja Ruhezeiten.
AntwortenLöschenUnd guck dir wirklich mal Klecko's Blog an, er spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, und ich hab schon manches Mal Tränen gelacht.
Huhu,
AntwortenLöschenich muss sagen, das Brot schmeckt total lecker! Ich habe zwar keinen Wildreis sondern Camague Reis verwendet (der musste weg...), ich finde die beiden Sorten sind sich durchaus ähnlich. Geschmacklich ist das Brot auf jeden Fall ein Highlight, ich werde es wieder backe, eine tolle Anregung, hab vielen lieben Dank dafür!
LG, Stephi
Ich freue mich, dass dir das Brot so gut geschmeckt hat. Ich backe es regelmässig für meine Kunden, und immer einen Laib für uns mit - es ist eins meiner Lieblingsbrote. Ich hatte noch nie die Gelegenheit, Camargue-Reis zu probieren, aber deine Variante war bestimmt lecker.
LöschenDanke für dein Feedback, Stephi!
LG, Karin